To-Go-Duell zwischen Spar und Billa: Wiener Schnitzelbrötchen-Jagd

To-Go-Duell zwischen Spar und Billa: Wiener Schnitzelbrötchen-Jagd

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Spar enjoy to go und Billa to go wollen Einkaufen und Essen revolutionieren. Doch halten die angeblichen „Hotspots für Convenience“ wirklich, was sie versprechen? Der Supermarktblog-Vergleich zeigt: Manches ist neu, das meiste bekannt – und einiges bleibt hinter den vollmundigen Ankündigungen zurück.

Austria
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umdasch The Store Makers

Wenn sich der „Großstadt-Mensch auf Nahrungssuche“ begibt, endet das oft im Supermarkt. Um es der eiligen Kundschaft einfacher zu machen, haben Österreichs größte Lebensmittelhändler deshalb im Sommer neue Konzepte gestartet: „Spar enjoy to go“ und „Billa to go“. Beide kombinieren in Wien einen klassischen Supermarkt mit großem Angebot sofortverzehrbarer Mahlzeiten.

Wer hat die Umsetzung besser hingekriegt?


1. Spar enjoy to go (Mariahilf)

Die behauptete Supermarktrevolution von Spar steht am Anfang der Mariahilfer Straße (122), durch die täglich Tausende zum Bummeln, Einkaufen, Pendeln drängen, um dabei ein Hungergefühl zu entwickeln, welches der Marktführer des österreichischen Lebensmitteleinzelhandels sich zu stoppen vorgenommen hat.

Self-Checkout im LEH: Mehr Effizienz, Kundenzufriedenheit und neue Chancen für den Point-of-Sale

Maximaler Nutzen, minimaler Wartungs- und Kostenaufwand: Mit der Self-Checkout-Lösung matrix von umdasch The Store Makers und der Software von shopreme funktioniert Self-Checkout so einfach und problemlos, wie Händler*innen und Kund*innen sich das wünschen.

Und so lobenswert das ist: Das Prinzip des Markts wird dabei ganz unbescheiden überverkauft. Der „Supermarkt mit Take-Away-Angebot der Extraklasse“ setze „bei der Gastronomisierung des Lebensmittelhandels neue Maßstäbe“, heißt es aus der Spar-Konzernzentrale in Salzburg über die „urbane Food-Station“, die Einkaufen und Sofortessen „perfekt [miteinander] verbindet“.

Spar-Geschäftsführer Alois Huber schwärmte von der „Antwort auf die neuen Ernährungsgewohnheiten in der Stadt“ Und im YouTube-Video erkundigte sich die Lehrlingsredaktion der Handelskette bei älteren Herrschaften in Anzügen: „Wie kommt man eigentlich auf so eine brillante Idee?“

Naja. Vielleicht einfach: indem man sich anschaut, was Supermärkte in anderen Ländern längst praktizieren?

Beste Innenstadtlage, großes Angebot: Spar enjoy to go auf der Mariahilfer; Foto: Smb
Ein gut gemachter City-Supermarkt

Der erste Spar enjoy to go ist einfach ein City-Supermarkt mit leicht zugänglicher Fläche für Sofort-Mahlzeiten aller Art. Aber zugegebenermaßen: ein ziemlich gut gemachter. (Auch im direkten Vergleich mit dem Vorläufer von vor einigen Jahren; siehe Supermarktblog.)

Gleich am Eingang lotst ein langes Kühlregal mit Bowls, Sandwiches, Wraps und Salaten die Kundschaft mitten auf die 200 Quadratmeter große Convenience-Fläche, wo Spar das komplette Angebot seiner Sofortverzehr-Eigenmarke präsentieren kann: Von Perl-Couscous-Salat, mediterranem Nudel-Kräutersalat und vorportioniertem Obst geht’s nahtlos zur Heißen Selbstbedienrolltheke, in der halbe Hendl und Chicken Nuggets warmgehalten werden, um Fast-Food-Fans zu erfreuen.

Schräg gegenüber gibt’s vieles nochmal in der Asia-Variante vom Partner Eat Happy an einer separaten Auslage.

Wer mehr Einfluss auf seine Mittags- oder Zwischenmahlzeit nehmen möchte, braucht sich bloß umzudrehen: An einer dreigeteilten Bedientheke bereitet das Enjoy-to-go-Personal Bowls nach Wunsch zu (Falafel, Peanut Chicken oder Sesame Salmon) oder serviert Klassiker der fleischintensiven Küche, ggf. zwischen zwei Brothälften (Heißer Chili-Leberkäs, Spare Ribs, Schopfbraten).

Riesenpatties und Schöpflöffel-Pots

Auch die andernorts schon erprobte Focaccia-Station fehlt nicht: Aus Riesenpatties wird auf Ansage ein „Viva la Mamma“, ein „Grazie Papà“ oder ein „Buon Giorno Margherita“ geschnitten und belegt („nach florentinischer Art“). Das hat aber seinen Preis: ein Viertel in „Grande“ für nicht ganz unüppige 8,99 Euro, und ein Achtel („Piccolo“) für satte 5,49 Euro.

Leberkäse oder Bowl? Die Theke lässt der Kundschaft die Wahl; Foto: Smb

Probiert hab ich’s nicht, aber hoffentlich schmecken die „One Pots“ (Shakshuka & Co.), wenn sie für 6,49 Euro aus den riesigen Töpfen in der Auslage geschöpflöffelt werden, besser als sie präsentiert sind.

Direkt am Ausgang steht zudem einen Mini-Brötchenknast für Unbelegtes zwischen zwei Kaffeemaschinen zur Selbstbedienung („It’s always coffee time“, lockt der Laden draußen mit Coffee to go für 1 Euro).

Wer richtig einkaufen will, fährt mit der Rolltreppe am Ende der Erdgeschossfläche eine Etage tiefer – und steht sofort in einem tadellos modernen City-Supermarkt, der mit 12.000 Artikeln ein umfassendes Sortiment zu bieten hat. Das ist ebenso aufgeräumt wie schnörkelfrei. Auf der rechten Seite springen direkt die Theken für Käse und Wurst mit ihrem metallenen Rahmen und der damit angedeuteten Marktstandoptik ins Auge (eine SB, eine mit klassischer Bedienung). Bezahlt wird oben an zwei Bedien- bzw. vier SB-Kassen

Inspiriert von London und Amsterdam

Bei der Marktgestaltung wurde auch auf Details geachtet: In den Möbelfronten ist das charakteristische Design des Wiener Stephansdoms nachempfunden; dazu hat sich jemand überlegt, zwischen die beiden Rolltreppen in die Mitte noch einen Bankomaten zum Bargeldabheben zu stellen.

So macht Einkaufen in der Stadt echt Spaß. Deswegen gleich eine Formatrevolution auszurufen, ist jedoch übertrieben. Spar hat sich einfach angeschaut, was andere – teilweise schon vor Jahren – vorgemacht haben, z.B. Planet Organic in London (siehe Supermarktblog) oder Jumbo City in Amsterdam (siehe Supermarktblog).

Darüber, ob und wozu es den Namenszusatz „to go“ gebraucht hat, lässt sich ebenso vortrefflich streiten. Und ganz günstig kommt man beim Convenience-Einkauf im Mariahilfer Sparadies auch nicht weg. Aber an sich ist der Laden gelungen umgesetzt und am gewählten Standort eine angenehme Bereicherung für mehrere Zielgruppen.

2. Billa to go (Leopoldstadt)

Nur vier Wochen ließ sich Spar-Rivale Billa mit seiner Antwort auf die Convenience-Initiative der Konkurrenz Zeit – und rückte schließlich Ende Juni in der Wiener Leopoldstadt (Taborstraße 37) mit „Billa to go“ an (was es – erstaunlicherweise – als eigenständiges Format bislang noch nicht gab): ein „neuer Hotspot für Convenience und schnelle Küche“ mit „täglich frisch zubereiteten Gastroschmankerln“ und einer „genussvollen Convenience-Vielfalt“ mit rund 100 Artikeln.

Seinen ersten Markt für To-Go-Kundschaft hat Billa im Karmeliterviertel eröffnet; Foto: Smb

Letztere sind direkt am Eingang in zwei Kühlwaggons positioniert, die „Frisch & Fertig zum Mitnehmen“ versprechen, aber vor allem das bereits existierende Billa-Sofortverzehr-Sortiment in vollem Umfang bereit halten.

Die Heiße Theke darf ebenso wenig fehlen, war aber – zumindest bei meinem Besuch unter der Woche – eher spärlich bestückt: ein paar traurige Hamburger, Hendl, daneben wenig appetitlich drapierte Frikadellen und Fleischkäs-Laiber. Gerade zur Mittagszeit würde man sich vom „Heißen Genuss zum Mitnehmen“ doch mehr versprechen.

Maximal überverkaufter Mischsupermarkt

Die Zielgruppe des Ladens unterscheidet aufgrund des Standorts von der bei Spar enjoy to go; Tourist:innen dürfte es an der Taborstraße tendenziell etwas weniger geben, dafür sollen sich Einheimische angesprochen fühlen, „die im Karmeliterviertel beruflich im Einsatz sind“, schnell was essen und für abends noch was einkaufen wollen. (Auf die Idee, das draußen auch so kenntlich zu machen, ist man zunächst nicht gekommen.)

Denn auch Billa to go verspricht seiner Nachbarschaft ein umfassendes Supermarkt-Sortiment, das sich in einem Winkelgang quer durch den Restladen auf der gleichen Ebene an den Sofortverzehr-Teil anschließt – und schon wegen der Gesamtfläche von gerade mal 200 Quadratmetern deutlich knapper ausfällt als beim Wettbewerber.

Weil man ohnehin eher mit Ergänzungseinkäufen rechnet, setzt der Laden „in allen Bereichen auf eher kleinere Verpackungsgrößen“. Drogerieartikel und Wasch- bzw. Putzmittel gibt’s bloß auf einem Miniregalmeter neben dem Wein.

Im vorderen Ladenteil lässt Billa to go viel Platz (der dann aber hinten fürs Gesamtsortiment fehlt); Foto: Smb

Eine „neue Dimension des Einkaufens“ auszurufen und die „ideale Anlaufstelle für den schnellen und frischen Genuss“, wie Billa-Vertriebsdirektor Eric Scharnitz das „innovative Format“ nennt, grenzt aber schon an Realitätsverzerrung.

Der Kollege vom „Standard“ hatte bei seinem seinem Erstbesuch zudem „wenig fantasievoll gefüllte Weckerln, Wraps und Langsemmeln namens ‚Baguette‘“ sowie beim späteren Büroverzehr einen „fast schon abschreckend industriellen Look“ der ausgewählten Speisen für rund 18 Euro zu bemängeln.

Geräumiger Self-Checkout

Das wäre auch günstiger gegangen, weil zahlreiche Convenience-Artikel bei meinem Check im Sommer wegen des ablaufenden MHD stark reduziert waren. Minus 50 Prozent auf viele Salate und sogar verpackte Microwellengerichte deuten darauf hin, dass der erste Billa to go sein Publikum noch nicht so recht gefunden zu haben scheint.

Immerhin: schnelles Bezahlen wäre – potenziell – möglich. An fünf Self-Checkouts, für die der Markt ungewöhnlich viel Platz lässt, und einer (nicht durchweg besetzten) Bedienkasse.

So erfreulich es auch sein mag, dass der Checkout weitgehend ablenkungsfrei gestaltet ist (einzige Impulskaufware: Äpfel aus dem Korb und Blumensträuße – toll!): Ein bisschen drängt sich der Eindruck auf, dass dies eher konzeptioneller Schnellschussigkeit geschuldet ist. Vor allem, wenn unter den SB-Kassen Ersatz-Bonrollen sauber nebeneinander gestapelt werden können.

Wer wird Kaiser des Sofortverzehrs?

Beide Handelsketten haben bereits angekündigt, ihre Formate weiter ausrollen zu wollen. Billa to go konzentriert sich dabei „vorerst“ auf Wien, hat Heute.at erfragt: „Im Auge habe man dabei vor allem kleinere Märkte an besonders frequentierten Standorten – zum Beispiel in Uni-Nähe.“

Bei Spar plant man derweil, die „enjoy to go“ künftig als Zusatzkennzeichnung auch für bestehende Märkte zu nutzen, „die mehr als das gewohnte Take-away-Sortiment anbieten“. (Was erstmal keine expliziten Neueröffnungen einschließt.)

Im Direktvergleich der Märkte wirkt die Spar-Variante deutlich durchdachter und sehr viel konsequenter auf den ausgewählten Standort zugeschnitten. Das To-go-Pendant von Billa macht keinen schlechten, aber einen improvisierteren Eindruck und hat freilich viel weniger Raum, auf dem es sich zu beweisen gilt. Wer als Kund:in von den Anbietern frisch zubereitete Speisen in echter Gastro-Qualität erwartet, wird bei Spar enjoy to go nur eingeschränkt glücklich, und bei Billa to go eher gar nicht.

Alle, die gerade unterwegs sind, ein schnelles Lunch suchen und ein paar Artikel für zuhause mitnehmen wollen, könnten die Initiativen aus Salzburg und Wiener Neustadt aber sehr entgegenkommen.

Vielleicht sogar noch mehr, wenn dort nicht jede Evolution gleich als Revolution ausgeschmückt werden müsste.

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1 Kommentar
  • Immerhin ein Lebenszeichen von Billa, das ja in Vorarlberg sämtliche Läden geschlossen hat. Aber kein sehr überzeugendendes, nach dieser Beschreibung. Ist der Patient schon halbtot?

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