Facelift für Balea: dm und der Körperpflege-Rummelplatz der Eitelkeiten

Facelift für Balea: dm und der Körperpflege-Rummelplatz der Eitelkeiten

Inhalt:

Rechtzeitig zum 50. Geburtstag verpasst dm seiner Erfolgs-Eigenmarke Balea einen neuen Markenauftritt. Die Buntheit in den Regalen bleibt aber. Denn der stetige Nachschub im Überflussgeschäft mit Körperpflege-Artikeln gehört zu den größten Erfolgen der Drogeriemarktkette.

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Aus aktuellem Grund unterbrechen wir die Blog-Berichterstattung für ein Supermarktblog-Flash Spezial: Beauty-Verwirrung um dm! Ganz Deutschland fragt sich: Was hat sie machen lassen?

Sie ist die beliebteste Drogeriemarktkette Deutschlands. Und mit und 3.850 Filialen bei ihren Kund:innen längst über die Landesgrenzen hinaus bekannt – bis nach China! Auch auf selbst inszenierten Live-Events lässt sich die jung gebliebene 49-Jährige, die in diesem Jahr runden Geburtstag feiern wird, gerne blicken.

Doch jetzt sorgen Bilder im Internet für Verwirrung.

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Viele Fans erkennen die bekannte dm-Eigenmarke Balea nicht wieder! „Was ist mit Balea passiert? Sie sieht so verändert aus“, schreibt 1 Supermarktblog-Autor irritiert. Auf Facebook vermutet 1 Nutzer sogar, dass Balea einen kosmetischen Eingriff hat vornehmen lassen: „Habt ihr das Balea Logo verändert?“

Oder ist der Grund für die Gerüchte doch nur das starke Design-Make-up?

Alles immer super verpackt!

dm lässt sich von den Gerüchten nicht ärgern. Ihre echten Fans stehen weiter hinter ihr (und mit vollen Einkaufskörben an den Kassen).

Jetzt das überraschende Geständnis: Ja, die Karlsruher Handelskettenschönheit hat ihre Eigenmarke unters Design-Messer gelegt! Auf der eigenen Website fragt dm derzeit:

„Bereit für den neuen Look von Balea? Entdecke die Produkte im neuen Design“

Bei Facebook ist der Wechsel bislang zwar noch nicht vollzogen. Und in den Regalen der Märkte sind die neu gestalteten Balea-Produkte derzeit noch in der Minderheit. Das dürfte sich aber schnell ändern.

Und so sieht die sympathische Körperpflege-Marke jetzt aus:

Logo: dm

Der in die Breite gezogene Balea-Schriftzug ist durch einen neuen ersetzt worden, der seine deutlich bauchigeren Buchstaben stolz in ein tropfenförmiges Oval mit dunkelblauem Rand und hellgrauer Einfassung stellt. Das dm-Logo steht als Absender weiter klein rechts darüber.

In den Filialen stehen Produkte in altem und neuen Design derzeit eng nebeneinander; Foto: Smb

Das ist dann wohl der endgültige Beweis dafür, dass man in Karlsruhe vom Fußdeo bis zum kommerziell getriebenen Nachhaltigkeitsanspruch wirklich alles super verpackt kriegt!

Mit Limited Editions gegen die Langeweile

Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt Kerstin Erbe, dm-Geschäftsführerin für das Ressort Produktmanagement:

„Seit Jahresbeginn sind in den dm-Märkten Balea-Produkte im neuen Design zu finden. Wir haben im Rahmen des Relaunchs auch das Logo aktualisiert und in eine neue, moderne Optik gebracht. Zunächst werden die Artikel aus den Bereichen Gesichtspflege, Duschen und Bäder sowie Haarpflege im neuen Design in den dm-Märkten sowie im dm-Onlineshop zu finden sein. Die sukzessive Umstellung des gesamten Balea-Sortiments wird voraussichtlich Anfang 2024 abgeschlossen sein.“

Bei der Verpackungsgestaltung weicht dm, wie angedeutet, künftig ebenfalls von der bisherigen Strategie ab: Die neu designten Produkte verzichten auf die bislang verwendete einheitliche Grundschrift und die farbigen Hintergründe, die über produktindividuelle Illustrationen gesetzt wurden. Nur eins ändert sich nicht: Die Verpackungen von „Balea Tropical Vibes Duschgel“ über „Balea You are berry sweet Duschschaum“ bis zum „Balea Fruity Fantasy Duschpeeling“ sind knallbunt wie eh und je.

Stammkundinnen müssen also nicht befürchten, dass mit dem Facelift eine neue Nüchternheit in die Regale ihres Lieblingsdrogeriemarkts einzöge.

Knallbunt wie eh und je: Balea bleibt auch nach dem Redesign ein produktgewordener Rummelplatz der Farben; Foto: Smb
Nicht ganz so verschieden wie Tag und Nacht(creme), aber mit sichtbarem Unterschied: altes und neues Balea-Verpackungsdesign; Foto: Smb

Zumal Balea als bekannteste dm-Eigenmarke in Umfragen regelmäßig Beliebtheitsrekorde aufstellt und den Körperpflege-Rummeplatz der Eitelkeiten damit zu den verlässlichsten Erfolgen des Unternehmens macht.(Was gar nicht spöttisch oder böse gemeint ist, schließlich gab’s zum 25. Balea-Geburtstag vor drei Jahren tatsächlich Produkte im „süßen Rummelplatz Design und [mit] noch süßeren Düften“.)

Zum einen wegen der taktisch ausgefeilt auf die jeweilige Alterszielgruppe ausgerichteten Verpackungen; zum anderen wegen der etwa 60 „Limited Editions“, die Jahr für Jahr neu in die Filialen einziehen (und irgendwann wieder verschwinden), damit die saturierte Stammklientel sich ob der wiederholten Verwendung immer gleicher Pflegeprodukte ja nicht zu langweilen beginnt.

Kuriositätenkabinett der Zusatzversprechen

Angereichert ist die Abwechslung mit dem Versprechen, dank ressourcenschonenderer Verpackungen, im Sinne des Recyclings leicht abknibbelbarer „Sleeves“ und dem Verzicht auf in die Kritik geratene Zusatzstoffe trotz des günstigen Regalpreises verstärkt auf Nachhaltigkeit zu achten.

Und trotzdem: Wer eine treffende Definition von Überflussgesellschaft braucht, muss eigentlich nur einmal durch die Gänge eines beliebigen dm-Markts schlendern, in denen die rund 600 Artikel umfassende Balea-Vielfalt bisweilen den Eindruck erweckt, sich in die Süßwarenabteilung verirrt zu haben.

Oder in ein Kuriositätenkabinett der Zusatzversprechen.

Reinigungstücher zum Abschminken brauchen nicht nur das „5 in 1“-Gelübde der eigenen Nützlichkeit auf die Vorderseite gedruckt („1: reinigen sanft“, „2: entfernen wasserfestes Make-up“, „3: schnelle Anwendung ohne zusätzliches Wasser“, „4: spenden Feuchtigkeit“, „5: augenmild – ohne Alkohol“), sondern auch einen Taufnamen („Happy Melody“) mit flötendem roten Panda (Fuchs?) unter Blumenarrangement sowie Body-Positivity förderndem Sinnspruch über der Inhaltsstoffe-Angabe auf der Rückseite:

„Folge der Melodie deines Herzens, denn sie zeigt dir den richtigen Weg! Sei fröhlich, sei unbeschwert und glaube an dich, denn du bist einfach wundervoll – genau so, wie du bist.“

Da muss sich die Merchandising-Abteilung vom Kleinen Prinzen warm anziehen.

Balea-Sinnspruch: Träume nicht deinen Einkauf, sondern kauf dir deine Träume; Foto: Smb

Niedliche Tiere und Eso-Zauberei

Die Balea-Handschuhmaske „Make a wish“ verordnet der Anwenderin für 2,95 Euro derweil nicht nur Mandarinen-Extrakt, Vitamin E und dank des aus einem Sichelmond nach Sternen kächernden Hasen auch den „magischen Duft nach Sternenzauber“, wie auch immer der olfaktorisch begründet sein mag; sie fordert auch: „Greif nach den Sternen und fang deine Träume ein“ und ermöglicht dank des Hinweises „Touchscreen geeignet“, dass im Zuge der Verwendung nahtlos weitergeinstagramt werden kann.

Ältere Kundinnen werden nicht mehr mit niedlichen Tieren und Eso-Zauberei gelockt, sondern mit Frucht- und Blumenarrangements auf Produkten, die weniger Wert auf Magie legen, dafür aber einen frei erfundenen „Perfect Shine Komplex“ gegen „glanzloses, stumpfes Haar“ kämpfen lassen.

Bis irgendwann unvermeidlich zu den goldgelb gefassten Balea Q10-Anti-Faltenkonzentrat-Kapseln gegriffen werden muss, die ein „jünger wirkendes Aussehen“ versprechen, damit man sich künftig im Drogeriemarkt seiner Wahl noch an der Kasse sehen lassen kann, ohne dass die hinter einem in der Schlange stehenden Teenager einem mitleidig in die Gesichtsfurchen sehen.

Nicht mal Männer sollen mehr unnötig unter der eigenen Vergänglichkeit leiden, wenn sie zum ganz in edlem Schwarz mit energetisch wirkenden 3D-Farbmustern verpackten „Balea Augen-Roll-on Energy“ oder gleich zur „Balea Anti-Falten Tagescreme“ mit „Lift Effect“ greifen, um gut „hydratisiert“ und mit optimierter Hautelastizität ihr Tagwerk zu beginnen.

Abschminkeinwegtücher für die Selbstwertschätzung

Kurz gesagt: Mit Balea hat dm einen leicht erwerblichen stetigen Begleiter durch den unvermeidlichen Alterungsprozess erschaffen, der sich für seinen Erwerb bei Kund:innen nicht nur mit dem guten Gefühl revanchiert, das Richtige getan zu haben – sondern auch Trost und Beistand spendet, während man gerade die Hände weich gepflegt kriegt.

Und natürlich lässt sich eine Welt, in der der Kauf von Abschminkeinwegtüchern zu 95 Cent die Selbstwertschätzung fördert, nur schwer verurteilen.

Außer natürlich, man outet sich als mürrischer Faltenbefürworter, der es seinen Mitmenschen nicht gönnt, wenn die von Kopf bis Fuß wahlweise angenehm-fruchtig nach Nachtisch oder herb-energetisch nach Self Care duften.

Im Laufe der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte hat dm Design und Logo von Balea immer wieder angefasst, um mit der Zeit zu gehen, erstmals sogar schon vier Jahre nach dem Start (1999). 2009 wurde dann das bisherige Logo eingeführt, 2014 folgte nochmal eine behutsamere Design-Anpassung. Dass jetzt noch mal was passieren müsste, war klar: Damit das neue Balea besser ins aktuelle dm-Eigenmarkenuniversum passt, das auch mit Alverde Naturkosmetik und dm Bio in unterschiedlich grüntonigen Einfassungen schon seit längerem zur Rundheit neigt (siehe Supermarktblog).

Aktuelles dm-Eigenmarkenuniversum mit modernisiertem Balea-Logo; Screenshot: dm.de

Draußen jetzt mit Farbverlauf

Kurioserweise ähnelt die dm-Vorzeige-Eigenmarke damit jetzt ein wenig dem Eigenmarken-Klon des Wettbewerbers Budni. Der hatte nach seiner Edeka-Integration das komplette Eigenmarkensortiment erneuert, um gemeinsam mit Netto (ohne Hund) Waren einkaufen zu können (siehe Supermarktblog); im diesem Zuge wurden Körperpflege-Artikel von „Budni Care“ zu „Budni Joolea“, das auf den Verpackungen jetzt ebenfalls in einer hellen, runden Blase mit Schatteneffekt und Mini-Absender-Logo darüber steht (siehe Supermarktblog).

In welchem Drogeriemarkt befinden Sie sich gerade? Budni Care ist zu Budni Joolea geworden; Foto: Smb

Der Balea-Schriftzug mag etwas kantiger sein; aber generell scheinen die beiden Konkurrenten hier einem ähnlichen Design-Impuls zu folgen.

Derweil müht sich dm, die Buntheit im Eigenmarkenregal verstärkt auch an die Läden zu bringen: Über vielen Filialen stehen die charakteristischen Buchstaben der Drogeriemarktkette inzwischen nicht mehr wie bisher auf nüchternem Weiß, sondern schmücken einen Farbverlauf, der den Kund:innen von der dm-Smartphone-App und den Social-Media-Auftritten des Unternehmens bekannt sein dürfte. (Das Logo direkt im quadratischen App-Format an die Läden zu hängen, hat man sich aber doch nicht getraut.)

Aber, klar: Wieso soll das, was im Laden so super klappt, nicht draußen schon vorwirken? Sebastian Bayer, als dm-Geschäftsführer verantwortlich für das Ressort Marketing + Beschaffung, sagt auf Anfrage:

„Wir setzen aktuell eine sukzessive Anpassung unseres dm-Logos auf Werbeanlagen mit Hintergrund um. Dazu gehören auch die dm-Logos an unseren dm-Märkten. Eine generelle Anpassung unseres Markenerscheinungsbildes ist nicht geplant, sondern es bleibt bei unserem bekannten dm-Logo mit weißer Kontur.“

Was aber sagen die treuen Fans zur Typveränderung ihrer Lieblingsdrogeriemarktkette? Na ja, fast 10 Milliarden Euro Umsatz allein in Deutschland und beinahe 25 Prozent Marktanteil sprechen vermutlich für sich. Der zweite Frühling zum 50. dm-Geburtstag ist damit wohl so gut wie sicher.

Das Statement von Sebastian Bayer wurde nachträglich in den Text eingefügt.

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