Wir sind Europameister!“, meldete Rewe bereits Anfang Mai, lange bevor die Fußball-EM überhaupt begonnen hatte – aber das war gar keine Zukunftswunschprognose im Auftrag des ebenso „leidenschaftlichen“ wie leiderprobten Fußballfans an der Unternehmensspitze, der während des gerade zu Ende gehenden Turniers „gleich zwei Mannschaften die Daumen drücken“ konnte. (Auch wenn‘s nix geholfen hat.) Sondern bloß eine aus Kölner Sicht korrekte Zustandsbeschreibung in der handelsrelevanten Randdisziplin des „flexiblen Einkaufens“.
Gemeint war: „kein anderer Händler auf dem Kontinent“ bietet „mehr Abholmöglichkeiten für Lebensmitteleinkäufe als REWE“.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem selbst verliehenen Meistertitel! Kurze Frage bloß: Warum ist das so?
Seit dem Start des Abholservices 2011, der damals noch „Rewe Drive“ hieß (siehe Supermarktblog), und einer kurzzeitigen Schlappe gibt es inzwischen deutschlandweit 1.900 Supermarktfilialen, in denen sich zuvor online getätigte Lebensmitteleinkäufe zur selbst gewählten Wunschzeit einsammeln lassen. Das sind deutlich mehr als beim Zweitplatzierten Tesco (über 500 Pick-Up-Standorte in Großbritannien). Rewe erklärt dazu auf Anfrage:
„Der Abholservice erfreut sich anhaltend großer Beliebtheit bei den Kund:innen und entwickelt sich extrem stark. Das bundesweite Wachstum liegt bei über 20 Prozent.“
Kaum Abhol-Konkurrenz
Über die tatsächlich darüber generierten Umsätze, Nutzungsquoten und durchschnittliche Bonsummen sagt Rewe allerdings nichts.
Fest steht nur, dass die Kölner den Service – als Ergänzung zum eigenen Lieferdienst – in den vergangenen Jahren tatsächlich konsequent ausgebaut haben. Und zwar: als einziger großer Lebensmittelhändler in Deutschland. Edeka hat kein regionenübergreifend vergleichbares Angebot, der einst ähnlich aktive Mitbewerber Real ist nicht mehr da, die Discounter scheuen bislang – trotz zwischenzeitlichen Versuchen (Lidl, Kaufland) — den zusätzlichen Aufwand. (Nur dm hat vergleichbar große Abholambitionen, muss dabei aber auch keine Kühlware berücksichtigen.)
Lassen die sich damit alle ein richtig gutes Geschäft entgehen? Oder ist der Titel in der Mitnehm-Meisterschaft womöglich einfach zu erringen, weil er ohnehin nicht viel wert ist?
In Großbritannien haben in der Vergangenheit bereits diverse Handelsketten eigene Abholangebote („Click & Collect“) ausprobiert. Asda hat dafür zeitweise Abholtrucks an Londoner U-Bahn-Haltestellen positioniert (siehe Supermarktblog); selbst Aldi (Süd) ging während der Corona-Pandemie dazu über, Kund:innen online getätigte Einkäufe fertig gepackt ans Auto auf den hübsch dafür angemalten Parkplatz zu bringen (siehe Supermarktblog).
Mehr als ein Jahr nach der Ankündigung will Aldi Süd nun ab dieser Woche auch an drei deutschen Standorten (Mülheim an der Ruhr, Düsseldorf) ausprobieren, wie der Abholservice bei der Kundschaft ankommt. Bestellungen können über den Shop mein-aldi.de aufgegeben und an Containern auf dem Parkplatz eingesammelt werden.
Nicht ausreichend gepunktet
In Großbritannien ist die Zahl der Aldi-Filialen, in denen Click & Collect noch angeboten wird, derweil aber schrittweise von über 200 auf 177 geschrumpft („The Grocer“, Abo-Text). Konkurrent Tesco scheint ebenfalls ein abnehmendes Interesse zu registrieren: An vielen Standorten ist Click & Collect wieder geschlossen worden. Schilder verweisen darauf, dass man bitte den unternehmenseigenen Lieferdienst nutzen möge, um sich die Einkäufe direkt nachhause bringen zu lassen.
Auch bei Rewe sind nicht alle Tests von Erfolg gekrönt. Die Abholstationen, die u.a. in Köln und Berlin getestet werden, sind zwar weiterhin am Netz – von einer Ausweitung des Diensts ist bislang aber nicht die Rede. Aus Köln heißt es:
„Zu den Teststandorten der REWE Abholstationen gibt es keine weiteren Neuigkeiten.“
Von den drei in Hamburg getesteten „Abholpunkten“ – Miniläden mit Abholtheke – sind derweil zwei (Rotherbaum, Uhlenhorst) wieder geschlossen. Dabei hatte die Idee in der Theorie durchaus Potenzial: Mit wohnortnahen Abholpunkten hätte sich die Handelskette an Standorten positionieren können, wo Flächen für einen regulären Supermarkt nicht zur Verfügung stehen (z.B. in unmittelbarer Nähe zur Konkurrenz, siehe Supermarktblog).
Abrupte Schließung
Das hat wohl nicht ganz so wie erhofft geklappt. Die Schließung des Abholpunkts in Rotherbaum scheint Ende des vergangenen Jahres ziemlich plötzlich erfolgt zu sein; auf Google beschwert sich ein Nutzer, dass ihm so ein vorher noch getätigter Silvestereinkauf verwehrt geblieben ist.
Mehrere Rezensent:innen beklagen zudem die immer wieder vorgekommenen Fehl- und Ersatzartikel in ihren Bestellungen, die sie dann noch zusätzlich zum nahegelegenen Edeka gehen ließen. (Gleich mehr zu diesem Fluch.)
Der Abholpunkt in der Hamburger Hafen City, der von Anfang an als Mini-Kiosk mit einem Sortiment an Mitnahmeartikeln aufgerüstet war, ist weiter geöffnet – aber derzeit spricht wenig dafür, dass es dauerhaft dabei bleiben wird.
Man teste Abholmöglichkeiten „an verschiedenen Standorten in deutschen Großstädten/Ballungszentren“, so genannten „Points-of-Interest“, um mit diesem „Test&Learn-Ansatz“ u.a. „die operative Machbarkeit zu testen“, heißt es bei Rewe auf Supermarktblog-Anfrage. Und weiter:
„Der Test der REWE Abholpunkte hat sich von Beginn an auf Hamburg fokussiert. Hier haben wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren umfangreiche Erfahrungen sammeln und Kundenfeedback auswerten können. Die Teststandorte in Rotherbaum und Uhlenhorst sind aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr am Netz.“
Immer fehlt irgendwas
Zu den Grundproblemen von Abholservices im Lebensmitteleinzelhandel gehört, dass sie – in ihrer bisherigen Form – fast ausschließlich Kund:innen ansprechen dürften, die mit dem Auto unterwegs sind, und Einkäufe direkt in den Kofferraum laden können. Dafür geht auch die überschaubare Servicegebühr von 2 Euro in Ordnung, die Rewe fürs Zusammenstellen der Produkte im Markt berechnet. (Ab 50 Euro ist die Bestellung derzeit komplett kostenfrei.)
Dass auch sonst clevere Rewe-Kaufleute den explizit beworbenen Abholservice ihres Markts in spiegelverglaste Extraräume sperren, bei denen man nur nach längerem Suchen die Klingel findet, um eingelassen zu werden, anstatt eine für alle leicht zugängliche Theke in den Markteingang zu bauen, ist ein Mysterium für sich.
Gleichwohl hat der Abholservice mit einem bereits genannten Übel zu kämpfen, das auch Rewe-Lieferdienstkund:innen nur zu gut bekannt ist: Fast keine Bestellung ist vollständig, immer fehlt irgendwas.
Bitte erst noch umräumen
Trotz Verfügbarkeitsprognose kann Rewe kaum garantieren, dass alle zum Zeitpunkt der Bestellung im Webshop verfügbar gemeldeten Artikel auch noch im Regal stehen, wenn Marktmitarbeiter:innen dazu kommen, sie einzutüten.
Wenn das stattdessen ausgewählte Ersatzprodukt nicht in Frage kommt, heißt das für Abholkund:innen im Zweifel: doch nochmal in den Markt gehen und selbst eine Alternative aussuchen.
Bei meinem kürzlich erfolgten Abholeinkauf mussten von 30 georderten Artikeln vier getauscht werden, für zwei weitere gab es keinen naheliegenden Ersatz. Das klingt erstmal verschmerzbar; wenn regelmäßig 20 Prozent des Einkaufs entweder fehlen oder ersetzt werden müssen, schmälert das die Lust aufs Abholeinkaufen mit der Zeit aber doch deutlich.
Allzu oft scheint der Abholservice in der von mir ausgewählten Rewe-Filiale ohnehin nicht genutzt zu werden: Trotz Bestellung am Abend davor, war der Einkauf zum Start des gewählten Zeitfensters (10 Uhr, zwei Stunden nach Ladenöffnung) noch nicht fertig kommissioniert.
Als er 15 Minuten später eintrudelte, durfte ich die Artikel direkt aus der Kommissionierkiste vom Tresen in die mitgebrachten Einkaufstüten packen, weil sich Rewe beim Abholservice (anders als bei seinem Lieferdienst) die Papiertüten spart.
Gar nicht so praktisch
Die Produkte können regulär zwar in kofferraumgeeigneten Klappkisten mitgenommen werden, die allerdings gegen einen nicht unerheblichen Pfandbetrag miterworben werden müssen. (Pfandtaschen gibt’s leider keine.)
Auch die derzeitige Buchung zeitlich eng begrenzter Abholfenster ergibt nicht so recht Sinn: Die meisten Einkäufe werden, wenn sie nicht eingesammelt werden, frühestens wieder am Abend zurückgeräumt, erklärt eine Mitarbeiterin im Laden. Dann könnte man den Kund:innen aber auch von vornherein mehr Flexibilität anbieten („Abholbereit von X Uhr bis Ladenschluss“).
Ganz so praktisch ist das am Ende alles doch nicht – zumal man den Einkauf ja weiterhin eigenmächtig in Richtung Kühlschrank zu schleppen hat.
Der Abholservice kann theoretisch zwar eine großartige Einkaufserleichterung sein, deren Nützlichkeit in der Praxis allerdings durch Kleinigkeiten so geschmälert wird, dass man alternativ – falls verfügbar – auch gleich den Lieferservice nutzen kann. Vielleicht überlassen andere Supermarktketten Rewe deshalb auch freiwillig den Meistertitel in einer Disziplin, in der man mit großem Aufwand vielleicht nur sehr sehr überschaubar zusätzlichen Umsatz gewinnen kann.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Rewe Abholservice? Schreiben Sie’s in die Kommentare!
Bis Dato hatte ich drei Bestellungen über den Abholservice in Berlin.
Alle drei Abholungen waren an verschiedenen Rewe Märkte.
Bis auf die etwas zu stark aufgetauten TK Produkte, war alles soweit okay und vorhanden. Was aber generell zum Problem wird, sind die meiner Meinung immer dünner werdenen Alu Abdichtungen bei Produkten wie bei Joghurt, usw. die beim Tansport kaputt gehen und so fast wieder weggeworfen werden müssen.
Ich kann den Sinn im Abholservice – für mich – nicht erkennen, denn die Zeit die ich im Laden spare verbrauche ich ja vorher schon um meine Bestellung zusammen zu basteln. Zumal das warten bei der Abholung weitere Zeit vergeudet, da meist nicht sofort jemand verfügbar ist um die bestellten Sachen auch auszuhändigen.
Wir lieben den REWE Abholservice – besonders wenn es in der Woche eng wurde oder nach der Rückkehr von einer Reise schnell Montagsmorgens eingekauft werden muss usw. Flugs online den normalen Warenkorb füllen oder „Noch mal bestellen“ wählen und schon sind Milch, Käse, Joghurt etc. für die Woche eingesammelt.
Die Kritik am Pfandbetrag können wir nicht nachvollziehen „… in kofferraumgeeigneten Klappkisten mitgenommen werden, die allerdings gegen einen nicht unerheblichen Pfandbetrag miterworben werden müssen. …“.
Bei uns betrug der Pfand 8 Euro. Dafür gibt es die sehr stabile Klappkiste auch online kaum zu kaufen.
Wenn Sie nur eine Kiste benötigen, ist das sicher akzeptabel.
Ich nutze den REWE Abholservice seit 5 Jahren alle 2 Wochen, also mindestens schon für 130 Bestellungen und bin sehr zufrieden. Zuvor gab es während Corona beim REWE Lieferservice große Terminprobleme, bis hier in der Region endlich ein eigenes Auslieferungszentrum eröffnet wurde. Der Abholservice ist dieses Jahr sogar bis August kostenlos, also keine 2 € Gebühr pro Bestellung mit Gutscheincode „SERVICE50“.
Das Pfand für die Klappkisten ist überhaupt kein Problem. Der REWE Lieferservice verwendet jetzt auch Pfandtüten.
REWE zeigt allen wie es geht. Den Lieferservice nutze ich seit 2015, jetzt hauptsächlich den Abholservice.
Alle anderen Anbieter kann man vergessen, weil nur regional oder extrem kleines Sortiment. Flaschenpost.de gibt es noch, jedoch sind die Artikel zu teuer.
Nachtrag zu meinen Kommentar:
Gerade bekam ich eine REWE-Mail, dass der REWE-Gutscheincode „SERVICE50“, mit dem man sich die Servicegebühr bei jeder REWE Abholservice Bestellung sparst (ab 50 € Mindestbestellwert) verlängert wird bis 31.12.2024! Bisher war er nur bis 31.08.2024 gültig.
Für mich wunderbar, man spart die 2 € pro Bestellung. Danke REWE. So spare ich dieses Jahr 50 €! 🧡