Edeka will die Supermärkte von Kaiser’s Tengelmann in Berlin, München und Rhein-Ruhr übernehmen. Immer noch. Obwohl das Kartellamt längst gesagt hat: geht nicht. An diesem Donnerstag hat die Rewe Group mit einer seitenfüllenden Anzeige in deutschen Tageszeitungen ein Gegenangebot für eine Komplettübernahme gemacht. Mit Zusagen, die weiter gehen als die von Edeka.
Dass die Unternehmen sich öffentlich derart direkt angehen, ist ungewöhnlich. Das Supermarktblog erklärt die Hintergründe der Schlammschlacht.
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Woran hängt’s denn jetzt?
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Am ehemaligen Eisbärenpatenschafts-Beauftragten und jetzigen SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Bei dem ist eine Ministererlaubnis beantragt, mit der Edeka und Tengelmann das Verbot des Kartellamts aushebeln und die Übernahme doch noch durchsetzen könnten.
Damit die Arbeitsplätze gerettet werden können, weil Kaiser’s Tengelmann sonst dicht macht?
Sagt zumindest Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub. Glaubt ihm aber keiner. Aus zwei Gründen:
1. Warum sollte Haub die Supermärkte abwickeln, wenn er dafür noch ein hübsches Sümmchen bekommen könnte – falls nicht von Edeka, dann eben von einem anderen Unternehmen, für das viele Märkte hochinteressant wären? Schon weil sie oft mitten in den Innenstädten liegen, wo es schwer geworden ist, noch neue Flächen für eine Expansion aus eigener Kraft zu bekommen.
2. Es gibt einen merkwürdigen „Offenen Brief“ der Mitarbeiter von Kaiser’s Tengelmann, über den diverse Medien berichtet haben, und in dem sich die Belegschaft um den Erhalt der Arbeitsplätze sorgt – und zwar für den Fall, dass Edeka die Märkte übernehmen dürfe. Begründet wird das damit, dass nicht zugesagt worden sei, alle Supermärkte tatsächlich zu erhalten bzw. Mitarbeiter in Zukunft nach Tarif zu bezahlen. (Wenn Edeka Läden an selbstständige Kaufleute weitergibt, sind die bislang nicht automatisch tarifgebunden.) Deshalb sollten Verhandlungen mit anderen Unternehmen geführt werden.
Und jetzt schaltet Rewe prompt Anzeigen in „Bild“, „Süddeutsche Zeitung“, FAZ und „Welt“, um genau das anzubieten?
Ja, weil am Donnerstag Bilanzpressekonferenz bei Tengelmann war (wo Haub die Supermärkte nochmal als „große Belastung“ bezeichnet hat). Es ist aber schon sehr praktisch, dass sich Rewe jetzt auf exakt diesen Mitarbeiter-Brief berufen kann, von dem gar niemand weiß, wieviele Mitarbeiter wirklich dahinter stehen. (Oder ob er womöglich bloß Teil einer PR-Taktik ist.) Der Gesamtbetriebsrat von Kaiser’s Tengelmann hat sich bereits von dem Schreiben distanziert.
Dass Rewe umfassende Garantien (u.a. „Sicherung aller Arbeitsplätze – auch in der Logistik, den Lagern und der Verwaltung“, „Tarifbindung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, „keine einzige Marktprivatisierung“) dazu abzugeben bereit ist, spricht dafür, dass man in der Kölner Zentrale mit aller Macht verhindern will, dass Edeka durch Kaiser’s Tengelmann seine Marktführerschaft noch bekräftigt. Weil Edeka dann kaum noch einzuholen wäre.
Könnte Rewe denn Kaiser’s Tengelmann übernehmen?
Rewe behauptet: ja. Das lässt sich aber so leicht gar nicht sagen. Der Chef des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, hat vor einer Woche bei der Berliner Mittwochsgesellschaft des Handels der Metro Group erklärt, dass in diesem Fall ein neues Prüfverfahren begonnen werden müsse: „Rewe wäre kein einfacher Erwerber.“ Ob eine Übernahme erlaubt werden kann, hängt nämlich unter anderem damit zusammen, wie stark das jeweilige Unternehmen lokal schon ist. Kein Mensch fahre einmal quer durch die Stadt, um Milch oder Spinat zu kaufen, erklärt Mundt. In den betroffenen Städten hat das Kartellamt deshalb die Marktanteile der jetzigen Supermarktketten (inkl. Discountern und Bio-Märkten) berechnet und prognostiziert, wie sich das im Falle einer Übernahme verändern würde. Da Edekas errechnete Marktanteile in einem Teil der Bezirke bzw. Stadtteile zu hoch lagen, scheiterte die Übernahme. Rewe könnte das gleiche blühen.
Warum spart sich Rewe den Aufwand dann nicht?
Weil eine Übernahme möglicherweise doch gelingen könnte. Zum Beispiel, wenn Rewe-Chef Alain Caparros Läden in Bezirken bzw. Stadtteilen, in denen Rewe auf zu hohe Marktanteile käme, an andere Unternehmen abgäbe.
Ähnlich wie es Edeka damals bei der Plus-Übernahme machen musste, als zahlreiche Märkte u.a. an Rewe gingen.
Verwirrend. Aber eins ist sicher: Edeka kann Tengelmann laut Kartellamt ganz bestimmt nicht übernehmen, oder?
Doch. Bloß nicht zu den Bedingungen, mit denen die Angelegenheit beim Kartellamt eingereicht wurde. Andreas Mundt hat in der Vorwoche nochmal bekräftigt, dass sein Amt die Übernahme von rund 170 Läden freigegeben hätte – überall dort, wo Edeka noch nicht so stark ist. Insgesamt geht es aber um mindestens 451 Märkte (von 471).
Edeka will das aber nicht?
Ach, wer weiß schon, was Edeka will. Jedenfalls nicht nur ein paar schäbige Mini-Tengelmanns, sondern vor allem die großen, gut gelegenen Läden.
Tengelmann-Chef Haub wiederum scheint keinen Bock auf Rewe zu haben. Immerhin hat er sein Plus-Discountmärkte vor einigen Jahren bereits an die Edeka-Discount-Tochter Netto (ohne Hund) verkauft und sich in diesem Zuge auch eine Firmen- und Gewinnbeteiligung am Unternehmen gesichert. Die „Lebensmittel Zeitung“ bezifferte die Summe, die Haub dieses Jahr deswegen von Edeka überwiesen bekommt, kürzlich auf „40 Mio. Euro plusminus x“. Das heißt: Wenn Edeka und Netto (ohne Hund) wachsen, profitiert davon auch der Tengelmann-Chef. Wenn jemand anders den Zuschlag bekommt, eher nicht.
Und jetzt?
Abwarten und Kopfschütteln.
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Mehr zum Verkauf von Kaiser’s Tengelmann:
- Kaiser’s Tengelmann und die Fehler im System
- Wie sich Kaufland und Rewe vor der Tengelmann-Übernahme verbiegen
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Foto: Supermarktblog
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[…] Nachtrag, 9. Juli: Die Rewe-Gruppe schaltete am Donnerstag eine einseitige Anzeige in Zeitungen. Mit der Anzeige will der Rewe-Vorstand den Tengelmann-Eigentümer Haub ermuntern, Gespräche zu führen. Rewe biete die “weitaus bessere Perspektive” für die Mitarbeiter von Kaiser’s Tengelmann. Auch Rewe garantiere bei einem verkauf die Sicherung aller Arbeitsplätze. Die “Schlammschlacht” erklärt Peer Schader im Supermarktblog. […]
Am meisten tun mir die Mitarbeiter leid. Sie müssen am meisten abwarten und gleichzeitig sich Gedanken um ihre Zukunft machen. Dazu darf man sich dann noch anhören das Tengelmann in diesem Jahr noch die ersten Plus Märkte in Russland eröffnet und dafür eine große Summe Geld verwendet, während man den Deutschen Markt loswerden will. Würde Tengelmann auch auf dem Deutschen Markt investieren, wäre auch hier wieder Boden gut zu machen.
Die Mitarbeiter sind Kummer gewöhnt, seit der Umstrukturierung 1995 geht es mit dem Unternehmen bergab. Und nachdem das Unternehmen inzwischen so am Boden ist, gibt es unter dieser Firmierung ohnehin keine Zukunft mehr.
Das Unternehmen hat schon lange niemanden mehr an der Spitze, der etwas vom Handel im LEH verstanden hat.
Die Annahme, die Investition in Deutschland statt in Rußland wäre gut angelegt, ist aus meiner persönlichen Sicht völlig unzutreffend.
Einmal Apotheke, immer Apotheke. Es gibt keinen Markt mehr für Kaiser´s Tengelmann. Das ist für viele Mitarbeiter sehr bedauerlich.
Unter Punkt 2 hat sich ein Fehler eingeschlichen:
„… für den Fall, dass falls die Märkte übernehmen dürfe …“.
Das „falls“ soll wohl Edeka heißen. 😉
Aber ja! Vielen Dank für den Hinweis, ich hab’s geändert.
Am besten wäre es, wenn Rewe die Tengelmann-Läden übernimmt und dafür die Hälfte der Läden im Rhein-Main-Gebiet an Edeka abgeben muss. Dann würde einkaufen wieder Spaß machen.
Laut Newsletter der „Lebensmittel Praxis“ hat heute die Migros den Hut in den Ring geworfen und will die Münchener Märkte übernehmen und als tegut weiterführen.
http://lebensmittelpraxis.de/handel-aktuell/13345-kaiser’s-tengelmann-migros-bietet-für-münchner-filialen.html
Außerdem böte die Kieler coop für Berlin und will dort Sky-Märkte aus den Kaiser’s-Läden machen. Fände ich beides übrigens besser, als wenn Rewe dort auch noch ein Monopol kriegt, wie schon hier in Frankfurt.
Eigentlich schade, was aus dem Laden geworden ist. Meiner Meinung nach ist es schöechtes Management. Man beschwert sich darüber, dass die Stammkunden mit Großeinkäufen wegbleiben und die Leute nur noch eine Flasche Bier oder eine Packung Süßes kaufen. Aber genau das hat man gefördert, indem man auch v.a. diese Produkte bewirbt.
Die Preise sind sehr viel höher als in anderen Supermärkten, dafür sind die Läden schlecht sortiert und man hat es mit den Schülern und Aufstockern als Mitarbeiter übertrieben. Diese sind kaum eingearbeitet und es herrscht eine hohe Fluktuation. Dadurch rechnen diese an def Kasse häufig falsch ab und Rabatte und beworbene Angebite werden oft zu hoch abgerechnet. In den Läden laufen nur Partyfreunde rum, die sich nur eine Flasche Bier und Chips kaufen. Man fühlt sich dort absolut unwohl und als Fremdkörper.
Also: Stressige Athmosphäre, Maxipreise und Minileistung – warum wohl bleiben die Stammkunden weg?