Was sich deutsche Super- und Drogeriemärkte aus Österreich abgucken können (2)

Was sich deutsche Super- und Drogeriemärkte aus Österreich abgucken können (2)

Inhalt:

Kaufen Österreicher:innen innovativer ein? Zumindest warten viele Läden mit Besonderheiten auf, die auch deutschen Handelsketten gut zu Regal stünden. Teil zwei des kleinen Supermarktblog-Inspirationsschubsers – von der Serviceklingel übers Papier-Bio bis zur Convenience-Buntheit.

Austria
Das Supermarktblog Österreich Special wird präsentiert von:

umdasch The Store Makers Wolt

Zum Start des Supermarktblog Österreich Specials erschien an dieser Stelle vor anderthalb Monaten der erste Teil einer Liste mit Ideen und Initiativen aus dem österreichischen Lebensmitteleinzelhandel, von denen sich deutsche Ketten hervorragend inspirieren lassen könnten. Hier folgt zum Abschluss Teil zwei – mit neuen adaptionswürdigen Besonderheiten des Einkaufens in der Alpenrepublik.


Die Serviceklingel

Palim-Palim läutete einst die Türglocke im Tante-Emma-Laden, um dem Tresenpersonal anzukündigen, dass es Kundschaft zu bedienen galt. Aber seitdem der Selbstbedieneinkauf zur Norm geworden ist, läutet im Lebensmitteleinzelhandel auch nix mehr. (Außer den Aufbacköfen, die Mitarbeiter:innen von der ordnungsgemäßen Bräunung der für den Brötchenknastverkauf bestimmten Backware künden.)

In Österreich allerdings erlebt die Bimmelei schon seit längerem ein Comeback, gleich an mehreren Stellen im Laden.

Penny etwa (das im Nachbarland noch unter dem in Deutschland schon seit etlichen Jahren abgelegten Markendesign leidet) fordert während des Einkaufs am Fleisch- und Wurstegal nicht etwa dazu auf, sich einen konservativen Kolumnisten herbeizurufen, der einem dann zur Unterhaltung ein bisschen Stuss aufschreibt:

„Einfach klingeln! Fleischhauer kommt.“

Sondern einen Discount-Metzger (bzw. österr.: Fleischhauer), der tatsächlich im Stande und damit beauftragt ist, beratend zur Seite stehen, Ware nach Kund:innenwunsch zu portionieren oder vorher online in die Filiale bestellte Frischeartikel auszuhändigen.

Stolz wirbt Penny an mehreren Stellen im Markt, „Der einzige Diskonter mit Fleischhauer“ zu sein; und auch wenn man bei mancher Innenstadtfiliale gerne wüsste, in welchem Hinterhalt der beschürzte Schlachtprofi ausharren muss, wenn ihm gerade nicht geläutet wird, ist das natürlich eine wahnsinnig charmante Idee, um Fachkompetenz vorzugauk… – Pardon: anzubieten.

Auch bei der Penny-Supermarktschwester Billa wird geklingelt, und zwar von all jenen, die gerne ihren zuvor online getätigten Einkauf abholen wollen: Anders als Rewe hierzulande braucht Billa dafür keine eigenen Theken, sondern stellt eingangs (siehe Supermarktblog) bloß eine schmale Säule auf, an der – wenn wir ganz genau sein wollen – weniger das zuständige Personal mit dem fertig gepackten Einkauf herbei geläutet, als viel mehr herangebuzzert wird, als befände man sich in einer kleinen Supermarktquizshow.

Zum Abholen bitte diesen Buzzer, äh – „läuten“; Foto: Smb

Die Klingelkompetenz ist innerhalb des Konzerns bislang nur sehr zögerlich weitergegeben worden; in Deutschland baut Rewe lieber maximal ausladend aussehende „Abholservice“-Kabuffs mit neutral abgeklebten Fenstern, die von der Innenseite des Markts nicht zugänglich sind und außen mit verschlossener Türe aufwarten, die sich erst öffnet, wenn man das vorinstallierte Klingelsuchspiel erfolgreich absolviert hat.

Oder halt: nicht.

(Die Klingel zum Abholservice an diesem neu eröffneten Berliner Rewe-Markt habe ich für Sie mit einem dezenten Pfeil markiert.)

Die reinste Freude – Online-Einkauf in Deutschland abholen (Symbolbild mit Klingel-Suchspiel); Foto: Smb

Die Nachfüllstation als Öko-Statement

Eigentlich hat Bipa schon ziemlich viel richtig gemacht, als die Rewe-eigene Drogeriemarktkette im April 2022 ankündigte, eine erste eigene Abfüllstation für Wasch- und Geschirrspülmittel zu testen.

Erstens: Die Station wurde nicht irgendwo zwischen den Regalen versenkt, sondern empfängt Kund:innen des Markts in der Wiener Alser Straße direkt am Eingang, um ihnen ins ökologische Bewusstsein zu quatschen: „Auffüllen und Plastik sparen“!

Und zweitens: Anstatt – wie dm und Rossmann in Deutschland – ein Best-of an Industriemarken aus den Hähnen laufen zu lassen, war die Station komplett dem Sensitiv- und Colorwaschmittel sowie dem Sensitiv-Geschirrspülmittel der (inzwischen auch bei uns erhältlichen) Öko-Eigenmarke bi good vorbehalten, die in die daneben platzierten Leerbehälter gepumpt werden konnten, um diese beim nächsten Mal für den Refill wieder mitzubringen.

Die einzige ihrer Art? Nachfüllstation bei Bipa in Wien; Foto: Smb

Das scheint eher mittelmäßig angekommen zu sein: Auf eine Supermarktblog-Anfrage, ob es weitere Nachfüllstationen in österreichischen Bipa-Filialen geben wird, windet sich ein Sprecher der Handelskette wortreich heraus.

Behälter zum Nachfüllen müssen einmalig erworben werden; Foto: Smb

Das „Pilotprojekt“ sei „abgeschlossen und kam bei den Kund:innen grundsätzlich gut an“. Gleichwohl habe sich gezeigt,

„dass Convenience für viele Kund:innen wichtig ist und daher wird unser Fokus auf Alternativen gesetzt, die in jeder Filiale in Österreich erhältlich sind, nicht nur an ausgewählten Standorten.“

Das bezieht sich u.a. auf bi-good-Geschirrspülmittel im Nachfüllbeutel, bi-good-Glasreiniger als Nachfüllkapsel sowie ein „umfangreiches Sortiment an festen Produkten an, die nur in einem Karton verpackt sind“. Von weiteren Stationen ist keine Rede (mehr). (Anders als beim Wettbewerber dm, der’s in Österreich im Mainstream-Handel vorgemacht hat und durchzuhalten scheint.)

Und das ist außerordentlich bedauerlich, weil diese sich als Statement im Eingangsbereich sehr wohl eigenen könnten, um als Handelskette Öko-Bewusstsein zu demonstrieren (und die Öko-Eigenmarke stärker ins Bewusstsein der Kundschaft zu rücken).

Viele Händler haben nur noch nicht begriffen, dass es kaum reicht, der Kundschaft die Nachfüllstationen hinzustellen und sie dann damit alleine zu lassen. Anstatt die Nutzung mit Aktionen zu verknüpfen: z.B. indem, wie im Café, kostenlose Refills bei regelmäßiger Nutzung angeboten werden, leicht umsetzbar über eigene Kund:innen-Apps. Oder Gratisproben weiterer Öko-Produkte per App-Coupon, so ähnlich wie es dm gerade in seiner Aktion zum 50. Geburtstag getan hat. Nachfüllen – ja!, aber bitte mit ein bisschen mehr Fantasie.

Die Papierverpackungen für Bio

Eine beliebte Möglichkeit, Bio-Artikel im Regal als Alternative zu regulärer Ware zu kennzeichnen, ist die Vollversiegelung: Es werden soviel Logos, Kennzeichnungen und Öko-Siegel auf Produkte gedruckt, bis wirklich niemand mehr durchblickt. Davon können sich auch österreichische Handelsketten nicht ganz frei machen; viele haben aber einen weiteren Weg entdeckt, insbesondere hochwertiges Eigenmarken-Bio im Regal nicht nur leichter auffindbar zu machen, sondern auch ein Stück glaubwürdiger wirken zu lassen: Indem Produkte nicht in Plastik, sondern – wo möglich – konsequent in Papier verpackt werden.

Zum Beispiel die Bio-Fleckerl, die Bio-Ei-Hörnchen und die Bio-Kichererbsen-Penne der Spar-Bio-Marke „Natur Pur“, mal im Papiersackerl, mal im Karton – und mit aufgedrucktem Sichtfenster statt plastikfoliebenötigendem echten.

Billas „ja! Natürlich“ verfährt, ebenfalls bei Pasta, genauso:

Und bei Hofer hat man sich dazu überlegt, wie für die leckeren Bio-Haferkekse mit Schokoüberzug der Besser-Bio-Eigenmarke „Zurück zum Ursprung“ der Plastik-Schuber überflüssig wird: Indem man die Kekse kleiner macht, damit sie nicht so leicht zerbrechen und in einen einfachen Papierbeutel passen (Titelfoto). Was den Vorteil hat, dass sie dann noch viel leichter in einem Zug weggeknuspert sind.

Bitte sofort abgucken, alle!

Die Conveninence-Vielfalt

Nicht nur britische, auch österreichische sind deutschen Supermarktketten um Lichtjahre voraus, wenn es um das Angebot halbwegs gesunder sofort verzehrfertiger Mahlzeiten zum Mitnehmen angeht.

Allen Anstrengungen zum Trotz lässt die Vielfalt von Rewe to Go leider doch arg zu wünschen übrig; Penny hat sein einst innovatives To-Go-Angebot im Laufe der Jahre vollständig der Frikadellengerechtigkeit geopfert; und Edeka drapiert seit jeher die immer gleichen Natsu-Sandwiches und Wraps in die Kühlauslage.

Dagegen stammt die Sofortessen-Auswahl bei Billa und Spar – zumindest in zentraleren Lagen – aus einer völlig anderen Welt.

Zum einen haben beide den Ehrgeiz, ihrer Kundschaft ein deutlich breiter aufgestelltes Angebot zu machen und dafür auch mal Experimente einzugehen. „Spar enjoy“ kooperiert für ausgefallenere Bowls und Salate u.a. mit Promi-Koch Didi Maier; Wettbewerber Billa hat sich mit dem Influencer Hank Ge zusammengetan, um Supermarkt-gerechte Varianten seiner „Bali Brunches“ zu entwickeln.

Gleichzeitig wird die Auswahl mit Gerichten unabhängiger Produzenten erweitert, die mehrheitlich tagesfrisch produzieren: Delitaly’s „Italian Street Food“ liefert „100% Natural“ Gerste und Mango mit Süßkartoffel-Quinoa-Bällchen; Yuu’N Mee Fresh kann klassische Hawaiian Bowls; Habibi & Hawara interpretieren österreichische Klassiker rein pflanzlich neu; und Buddy.at kombiniert sein Online-Catering und Office-Lunch mit frisch und regional produzierten Mahlzeiten aus dem „Wiener Familienbetrieb“, vom Steirischen Backhendlsalat bis zum Falafel Vegan-Power mit Rote-Rüben-Hummus.

Das allermeiste davon ist signifikant farbenfroher als das Auftau-Dosenfutter, das deutschen Kund:innen als Salatbowl verkauft werden soll; aber das hat natürlich auch eine konservierungsstoffreie Kehrseite: Das Gaumenvergnügen verdirbt leider schneller als es oft weggekauft wird.

Dann müssen Sie halt künftig doch weiter selbst schnippeln.

Das Gratiskinderobst

Vitamine zum Naschen, aber ohne Bon-Bon außenrum? Gibt’s! Damit die Kleinen während des Einkaufs schon mal was Gesundes zu essen kriegen, bevor sie die Eltern zum Quengelwareabräumen an der Kasse zwingen, stellt Billa Plus „Gratis Kinderobst“ zu Verfügung:

Oh, Pardon – nein, das sind Mangos zum regulären Verkaufspreis; fürs „Gratis Kinderobst“ bitte einmal um 180 Grad drehen und einen halben Meter in die Knie gehen:

Theoretisch ist das natürlich eine charmante Idee; aber auch nur dann, wenn man praktisch nicht das Gefühl hat, alles, was in der Obst- und Gemüsebateilung schon mehrfach angedetscht zu Boden gefallen ist, würde anschließend der Kinderresteverwertung zugeführt. Aber das lässt hiesigen Handelsketten im Falle einer Adaption natürlich großzügig Raum zur Verbesserung.

Und damit: Frohes Abgucken!

Alle Texte aus dem Österreich Special:

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umdasch

Der Ladenbau eines Stores hat Einfluss auf viele Faktoren. Er ermöglicht eine attraktive Produktpräsentation, optimiert den Kundenfluss durch den Laden, unterstützt die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen und verstärkt die Markenidentität.

Er sorgt für ein positives Einkaufserlebnis und lässt eine Marke langfristig in Erinnerung bleiben.

Um Märkte zu echten Shopping-Erlebniswelten zu machen, sind außer dem Design aber zunehmend auch Aspekte wie Flexibilität, Nachhaltigkeit und Technologie wichtig. Von smarten Backmöbeln über leicht umbaubare Regalsysteme bis zum modernen Self-Checkout: Hier gibt’s aktuelle Beispiele für einen rundum gelungenen Ladenbau.

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Wolt

Was haben der Weinhändler aus München, die Kaffeerösterei aus Helsinki und die Bäckerin aus Bratislava miteinander gemeinsam? Sie bringen ihren Kund:innen das, was sie jetzt gerade benötigen, direkt an die Haustür. Mit einem kleinen bisschen Hilfe der freundlichen Kurierfahrer:innen von Wolt.

Seit dem Frühjahr ist der finnische Alleslieferant auch in Österreich aktiv: Wiener Händler:innen profitieren als erste von einer Partnerschaft. Das sorgt für zufriedene Kund:innen – und steigende Umsätze. Sind Sie schon dabei?

4 gute Gründe für österreichische Händler, mit Wolt neue Kund:innen zu gewinnen:

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9 Kommentare
  • wobei es hier in NRW schon vor 30 Jahren in meiner Kindheit üblich war, dass Kinder immer an der Fleischtheke eine Scheibe Gesichtsausdruck bekamen

  • Gratis Obst gibt in unserem Rewe-Markt schon seit Jahren, meist sind es Bananen und/oder Äpfel. Die Äpfel werden vorher sogar gewaschen, und nie sieht etwas im Korb aus wie Fallobst. Auch gibt es hier immer einen Korb für überflüssiges Grünzeug aller Art das für Hasen etc. kostenfrei mitgenommen werden kann anstatt im Container zu landen.

  • In Deutschland hat alnatura auch schon mit Abfüllstationen experimentiert, die Reinigungs- und Körperpflegeprodukte von Marken- und Eigenmarken-Lieferanten enthielten.
    Ist in meiner Wahrnehmung nach dem Test nicht flächendeckend ausgerollt worden.
    Ein Öko-Statement sind sie möglicherweise, schaffen aber ein nicht unerhebliches Verschmutzungs- und Rutschpotential in der Filiale, sind zumindest bei Körperpflegeprodukten bzgl. Produktsicherheit auch ein Risiko für Hersteller und Händler (Mikrobiologie) und erzeugen u.U. auch produktionsseitig Mehraufwand, wenn der Hersteller nicht auf die Abfüllung von Großgebinden ausgerichtet ist.

  • Spannend finde ich, dass Billa sich das mit den Papiersackerln für seine Nudeln noch nicht einmal konsequent bei sich selbst abgeguckt hat. Die Beutel mit den Billa-Bio-Nudeln auf dem Foto unten rechts sehen zumindest verdächtig plastikhaltig aus.

    • Solche „Papierverpackungen“ dienen ohnehin nur dem Greenwashing: Entweder handelt es sich um nicht sinnvoll verwertbare Verbundmaterialien (somit nachteiliger als korrekt entsorgte Monoplastikverpackungen) oder es gehen (wie bei den Papiertüten … ähm -sackerln der Preiseinstiegs-Haferflocken) die Rückstände der Erdölbestandteile aufs Produkt über.

      Und die Spender für Reinigungs-/Hygieneartikel sind auch zu hinterfragen, wo die Alternative in Form von Feststoff/Pulver/Konzentrat mit zu Hause zuzusetzendem Wasser längst in den Regalen schlummert …

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