Pick & Go: Rewe bringt den Kassenlos-Einkauf nach Hamburg und Düsseldorf

Pick & Go: Rewe bringt den Kassenlos-Einkauf nach Hamburg und Düsseldorf

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Zwei Jahre nach dem Start weitet Rewe seinen Test mit Supermärkten, in denen ohne Anstehen eingekauft werden kann, aus: 2024 folgen weitere Neueröffnungen. Was das Nutzungsverhalten der Kund:innen angeht, gibt man sich jedoch zugeknöpft.

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Hamburg und Düsseldorf sind die beiden Städte, in denen Rewe neue Kund:innen für sein kassenloses Einkaufskonzept „Pick & Go“ gewinnen will. Das Handelsunternehmen bestätigt, im Frühjahr 2024 drei weitere Märkte eröffnen zu wollen, in denen Kund:innen Lebensmittel einkaufen können, ohne an der Kasse anstehen zu müssen.

Bezahlt wird automatisch beim Verlassen des Ladens, nachdem die in den Läden verbauten Kameras und Sensoren zuvor erfasst haben, welche Artikel aus dem Regal genommen wurden.

Rewe Pick & Go in Berlin; Foto: Smb

Rewes erster Pick-&-Go-Markt startete im Oktober 2021 in Köln (Zeppelinstraße, Nähe Neumarkt), Ende des vergangenen Jahres kamen weitere Testfilialen in Berlin (Schönhauser Allee, siehe Bericht im Supermarktblog) und München (Karlstraße) hinzu; im vergangenen März öffnete schließlich der zweite Kölner Pick & Go (Luxemburger Straße).

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Mit jedem neuen Markt hat Rewe auch den Umfang seines Kassenlos-Experiments ausgeweitet: In Berlin war es erstmals möglich, loses Obst und Gemüse zu kaufen (nach vorherigem Wiegen) sowie Pfandbons automatisch angerechnet zu kriegen; der Markt in München war der erste vollautonome, in dem es gar keine regulären Kassen mehr gab; und der zweite in Köln war mit 600 Quadratmetern bislang der größte, noch dazu mit Pick-&-Go-tauglicher Salatbar.

Hybrider Vorreiter

Dieser Entwicklung bleibt man treu: Bei einer der neuen Pick-&-Go-Filialen wird es sich nach Supermarktblog-Informationen erstmals nicht um die Umrüstung einer bestehenden Verkaufsfläche handeln, sondern um einen Neubezug; in Hamburg wird Pick & Go zudem erstmals auf 1.200 Quadratmetern zum Einsatz kommen – doppelt so viel wie beim bislang größten Pick-&-Go-Testmarkt.

Auf der Branchenmesse Euroshop hatte Rewes Technologie-Partner, das israelische Unternehmen Trigo, ursprünglich angekündigt, bis Ende diesen Jahres erstmals einen Laden mit bis zu 1.500 Quadratmetern Verkaufsfläche ausstatten zu wollen; 2024 solle zügig die nächste Stufe (bis zu 2.500 Quadratmeter) folgen.

In allen drei neuen Pick-&-Go-Märkten von Rewe wird es auch reguläre Kassen geben, um Kund:innen ansprechen zu können, die lieber ganz normal einkaufen wollen. Mit seinem Hybrid-Konzept (Pick & Go + normale Kassen) war Rewe lange Vorreiter; zahlreiche andere Handelsketten – auch Kassenlos-Pionier Amazon – sind dem Vorbild inzwischen gefolgt (siehe Supermarktblog).

App-lose Nutzung in Vorbereitung?

Aber auch Rewe steht unter Zugzwang: Bei vielen Technologie-Tests hat sich herausgestellt, dass Kund:innen keine Lust haben, sich für den kassenlosen Einkaufs vorher eigens in einer App zu registrieren; Händler rüsten bestehende Systemen deshalb so um, dass z.B. auch mit NFC-fähigen Kreditkarten bezahlt werden kann.

Zuletzt hatte Aldi Nord die Identifizierung seines Shop-&-Go-Testmarkts in Utrecht vom Ein- an den Ausgang verlagert, um mehr Kund:innen in den Laden zu locken, und am Ausgang ein zusätzliches Bezahlterminal aufgestellt. Dort lässt sich der zuvor automatisch erfasste Einkauf ohne zusätzliche Registrierung bezahlen (siehe Supermarktblog).

Die Wahrscheinlichkeit, dass auch Rewe an einer ähnlichen Lösung arbeitet, ist hoch. Äußern will man sich dazu derzeit in Köln noch nicht. Auf Supermarktblog-Anfrage heißt es:

„Gemeinsam mit unserem Technologie-Partner beschäftigen wir uns intensiv neben der Optimierung des Live-Systems auch mit der technologischen Weiterentwicklung. Hier bieten sich unterschiedliche Ansätze, [wir] können zum jetzigen Zeitpunkt aber keine konkreten Angaben machen.“

Obstwaagen-Umweg kein Hindernis

Auch zu den bisherigen Nutzungszahlen von Pick & Go bei Rewe in Deutschland ist bislang nichts bekannt; im Google-Play-Store wird die Rewe Pick-&-Go-App derzeit in der Kategorie „50.000+ Downloads“ geführt; die nächsthöhere Kategorie wäre „100.000+“. Die Zahl regelmäßiger Nutzer:innen dürfte angesichts vier Märkten, in denen die Technologie bislang verfügbar ist, deutlich niedriger liegen.

Detaillierte Angaben zum Nutzungsverhalten der Kund:innen möchte Rewe erwartbar „nicht öffentlich kommunizieren“. Ein Sprecher erklärt, alle Testmärkte würden „sehr gute Resultate“ zeigen:

„Die Kund:innen kaufen gerne mit REWE Pick&Go ein und haben Freude an einem neuen innovativen Einkaufserlebnis. Auch notwendige Prozesse, wie der einmalige Download der App oder das Abwiegen von Obst- und Gemüse stellen für unsere Kund:innen kein Hindernis dar, REWE Pick&Go zu nutzen.“

Dass Obst und Gemüse teilweise gewogen werden muss (sofern nicht als Stückware abgerechnet wird, was die Sache zusätzlich verkompliziert) ermögliche „eine breitere Auswahl“. Das Abwiegen sei „in wenigen Sekunden erledigt“.

„Es ist uns wichtig, den Einkauf der Kund:innen auch über REWE Pick&Go so einfach wie möglich zu gestalten. Durch unterschiedliche, ausführliche interne Tests können wir regulatorische Vorgaben bearbeiten und den Einkauf auf Kundenbedürfnisse optimieren.“

Werbung in der Nachbarschaft

Ein Selbstläufer ist Pick & Go aber eher nicht: Bei meinen bisherigen Einkäufen im Berliner Markt standen zahlreiche Kund:innen regelmäßig lieber an den regulären SB-Kassen und der einen Bedienkasse an, um zu bezahlen; zwei Mal gab es Aktionen, die innerhalb eines festgelegten Zeitraums 5 Euro Rabatt auf größere Einkäufe mittels Pick & Go versprachen. Das wäre vermutlich kaum notwendig, wenn die registrierwilligen Kund:innen dem Laden unablässig zuströmen würden.

Zum Start hatte Rewe umfassend – auch fernab der unmittelbaren Nachbarschaft – für die neue Einkaufsmöglichkeit geworben.

Offiziell gibt man sich mit der Nutzungshäufigkeit zufrieden; eine hohe Zahl an Pick-&-Go-Kund:innen komme wieder, erklärt Kai-Uwe Reimers von Rewe Digital im Trigo-Promo-Video (bezogen auf Kund:innen, die mindestens ein zweites Mal mittels Pick & Go einkaufen).

Ein mehrmonatiger Supermarkblog-Test endete allerdings mit einem weniger vielversprechenden Zwischenfazit: Die Trigo-Technologie hat noch erstaunlich oft Schluckauf, produziert regelmäßig Ungenauigkeiten und verfügt über Schwächen, die sich von Kund:innen theoretisch systematisch ausnutzen lassen.

Mit solchen Problemen steht Rewe nicht alleine da (siehe Supermarktblog).

Edeka-Händler plant Kassenlos-Minläden

Wie stark man in Köln dennoch an die Zukunftsfähigkeit des kassenlosen Einkaufs glaubt, zeigt sich derweil an der Tatsache, dass innerhalb der Rewe Group mit mehreren Technologie-Anbietern experimentiert wird. Während Rewe mit Trigo unterwegs ist (das man laut Reimers als „most advanced solution at the moment“ sieht), kooperiert die Tochter Lekkerland für andere Formate mit dem Wettbewerber AiFi; in Litauen, wo Rewe mit der Supermarktkette Iki vertreten ist, laufen zudem Tests mit dem Start-up Pixevia.

Rewe-Rivale Edeka ist vorsichtiger: Die Discount-Tochter Netto (ohne Hund) betreibt in München einen ersten Pick-&-Go-Kassenlosmarkt mit Trigo-Technologie; ein zweiter, größerer soll folgen.

Außerdem hat der selbstständige Edeka-Kaufmann Jörg Meyer angekündigt, in Hamburg erste Convenience-Läden ohne reguläre Kassen eröffnen zu wollen, und dafür mit dem Hamburger Tech-Start-up Autonomo zusammenzuarbeiten, das mit seinem Minmarkt Hoody bewiesen hat, dass es zumindest technologisch mit den etablierten Anbietern mithalten kann (siehe Supermarktblog).

Autonomo sammelt Partner

Ein erster Standort – mit überschaubarem Basissortiment – soll im kommenden Jahr eröffnen, bestätigte Meyer kürzlich dem „Hamburger Abendblatt“ („Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir da 2024 etwas auf die Beine stellen werden“). Den Plan, auch einen Markt auf Sylt umzurüsten, hat der Kaufmann allerdings schon wieder aufgegeben.

Bei Autonomo erklärt man zudem, dass die selbst entwickelte Kassenlos-Technologie künftig nicht nur bei einem Tankstellen-Partner zum Einsatz kommen soll, sondern auch bei einer „Kette von mittelgroßen Lebensmittelläden“. Als potenzieller Partner käme z.B. Tegut in Frage, das seine personalfrei betriebenen Teo-Selbstbedienmärkte, in denen Kund:innen bislang Artikel noch scannen müssen, mit einer automatischen Warenerfassung ausstatten könnte.

Eine entsprechende Spekulation ist bei Tegut bislang umkommentiert geblieben; die Technologie-Erweiterung würde dem Format, das ebenfalls nicht so reibungslos funktioniert wie von Händlerseite gerne öffentlich behauptet, aber gut tun (siehe Supermarktblog).

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1 Kommentar
  • Ich glaub nen wichtiger Faktor kommt hier zu kurz: Es macht auch einfach unglaublich viel Spaß, diese neue Technologie auszuprobieren. Wer seit 2016 Lebensmittel online bestellt, ist immer weniger bereit, 5min doof in der Schlange anzustehen oder sich auf unfreundliche Kassierer einzulassen. Falsch abkassiert wird man auch da zu Genüge, meinen Kassenbon muss ich so oder so nachträglich prüfen. Mich hat bei Pick&Go nur die Registrierung im Markt mit Personalausweis und Datenabgleich etwas genervt (das geht auch nicht fix an der Kasse, dafür bekommt man im Gegenzug eine umfangreiche Einweisung vom Marktleiter und fühlt sich danach wirklich gut abgeholt). Ich wünsche mir jedenfalls, dass man den Reifegrad immer weiter verbessert (inkl. aller Kinderkrankheiten, die hier im Blog auch gut dokumentiert wurden) und sich dieses Konzept in der Nahversorgung immer weiter durchsetzt.

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