Wie dm Bio mit Wucht den deutschen Bio-Markt umkrempelt

Wie dm Bio mit Wucht den deutschen Bio-Markt umkrempelt

Inhalt:

Mit niedrigen Preisen im Basissortiment, erstaunlichen Rabattaktionen und stetigen Produkt-Neuerungen etabliert sich dm bei Kund:innen als Bio-Anlaufstelle Nummer 1 – und bringt ökologisch erzeugte Lebensmittel so endgültig in den Mainstream. Wie funktioniert das? Eine Zwischenbilanz nach neun Jahren dm Bio.

Partner:

Weil zwischen Weihnachten und Ostern immer soviel Zeit liegt, liefert sich der Valentins- und Frauentag-ankündigende dm-Bio-Blütenliebe-Tee (Hibiskus, Minze, Rose) zusammen mit den dm-Bio-Herznudeln aus Hartweizengrieß derzeit in dm-Märkten einen erbitterten Sonderplatzierungskampf mit den verbliebenen Packungen der dm-Bio-„Veganuary“-Brownie-Cheesecake-Alternative, den dm-Bio-Bliss-Balls Mango-Maracuyja und dem veganen dm-Bio-Omelette mit Pilzen aus der Tüte.

Aber das ist nur natürlich nur die Spitze des Bio-Bergs, der seit fast einer Dekade vom schönen Karlsruhe aus aufgeschichtet wird.

Ende 2014 wurde erstmals publik, dass Deutschland erfolgreichster Drogeriefachhändler eine eigene Marke für Bio-Lebensmittel starten will. Beim damaligen Lieferpartner Alnatura gab man sich deswegen „irritiert“. Aber das nützte ebenso wenig wie die darauffolgenden Streitereien, die schließlich in der Trennung mündeten. Im Frühjahr 2015 standen die ersten Artikel von „dm Bio“ im Regal, ein Basissortiment im nicht sonderlich mutigen Verpackungsdesign – „Biedermeier-Bio“, wie es hier im Blog dazu hieß.

ANZEIGE

Seitdem ist einiges passiert. Mit großer Wucht hat dm nicht nur die Preis-, sondern ein Stück weit auch die Innovationsführung im deutschen Handel mit Bio-Lebensmitteln übernommen – und mit seinem Vorgehen zahlreiche Wettbewerber unter Handlungsdruck gesetzt.

Den ganzen Monat über Rabatt

Inzwischen gibt es 660 dm-Bio-Artikel. Zur Preisgestaltung der Eigenmarke äußert man sich in Karlsruhe eher selten; vor der Einführung hieß es aus der damaligen Geschäftsführung, es sei nicht das Ziel, „zu einer Erosion des Qualitäts- und Preisniveaus beizutragen“. Gleichwohl ist unübersehbar, wie stark dm im Laufe der Jahre daran gearbeitet hat, dm Bio als günstigste Bio-Marke im deutschen Lebensmitteleinzelhandel zu positionieren.

dm-Österreich-Geschäftsführer Harald Bauer erklärte gerade erst in einer Pressemitteilung zu Preissenkungen, man wisse aus der Marktforschung, „dass sich viele Menschen Bio nicht mehr leisten können. Daher wollen wir uns verstärkt auch bei biologischer Ernährung als günstigster Anbieter am österreichischen Markt positionieren“.

Für Deutschland gilt das genauso. Hier hat dm dieses Ziel im nun zu Ende gehenden Monat noch mal auf die Spitze getrieben: Den ganzen Januar über erhielten registrierte Nutzer:innen der dm-App 20 Prozent Pauschalrabatt auf das komplette Ernährungssortiment – für unbegrenzt viele Einkäufe („100 % lecker. 20 % geschenkt“).

Dementsprechend leer sahen viele Regale in dm-Märkten zuletzt aus: Zahlreiche Produkte waren ausverkauft; Mitarbeiter:innen kamen kaum damit hinterher, neue Ware einzuräumen. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt Kerstin Erbe, als dm-Geschäftsführerin verantwortlich für das Ressort Produktmanagement:

„Es ist richtig, dass unsere Initiative zum Jahresstart von unseren Kundinnen und Kunden positiv wahrgenommen wird und wir guten Zuspruch erhalten. Wir prüfen entsprechend regelmäßig die Verfügbarkeiten der Produkte in unserem Ernährungssortiment und liefern vergriffene Produkte schnellstmöglich nach. Wir bitten um Nachsicht, dass wir keine detaillierten Auskünfte zu Absatzsteigerungen geben. Im Fokus der Kampagne steht vor allem, dass wir unsere Kundinnen und Kunden auf die vielfältigen Möglichkeiten unserer dm-App aufmerksam machen möchten.“

Bio konkurrenzlos günstig

Bei vielen dm-Bio-Produkten sind die Preisunterschiede zu vergleichbaren Artikeln der Konkurrenz aber auch ohne Zusatzrabatte auffällig. Vor allem bei Grundnahrungsmitteln, die etwa ein Drittel des Ernährungssortiments ausmachen, setzt dm die Preisführerschaft von dm Bio konsequent durch. Bio-Pfefferkörner, Bio-Linsen, Bio-Dinkelmehl, Bio-Birchermüsli, Bio-Kidneybohnen, Bio-Senf, Bio-Traubensaft – beim Preis für all diese Produkte liegt dm entweder gleichauf mit einem der Wettbewerber oder ist günstiger.

Eine Dose Tomatenstücke Natur in EU-Bio-Qualität kostet von dm Bio aktuell 65 Cent. Kein einziger Konkurrent kann bzw. will da mithalten. Mehr noch: Die Bio-Variante von dm ist sogar günstiger als die konventionelle aus dem Supermarkt – feingehackte Tomaten von Rewe ja! und Edeka Gut & Günstig kosten 79 Cent.

Mit stückigen Bio-Tomaten in der Dose unterbietet dm sogar ja! und Gut & Günstig; Foto: Smb

Um einen solchen Niedrigpreis zu erzielen, gibt es für Händler mehrere Möglichkeiten: Kompromisse bei der Warenqualität, die Abnahme hoher Einkaufsmengen – oder den Verzicht auf Marge. Vieles spricht dafür, dass sich dm mindestens zu Letzterem entschieden hat, um sich bei den Kund:innen nachhaltig als günstigster Bio-Anbieter in der Erinnerung festzusetzen.

Gezielter Verzicht auf Marge

Ähnlich verfährt man in Karlsruhe schließlich auch bei Drogeriewaren: Im Gegensatz zu vielen anderen Handelsunternehmen bestimme bei dm nicht der Einkauf den Endpreis eines Produkts, sondern die Sortimentsmanager:innen, die „die volle Verantwortung für den Deckungsbeitrag“ ihres Sortiments haben, erklärte Sebastian Bayer, dm-Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung, Ende 2022 in einem Gespräch mit der „Lebensmittel Zeitung“. Selbst wenn ein Hersteller den Preis für eines seiner Produkte erhöht, könne es also sein, dass der Preis am Regal für die Kund:innen gleich bleibe, weil das Sortimentsmanagement sich dafür entscheide, „gezielt auf Marge zu verzichten“.

2019 hat dm seiner Bio-Eigenmarke ein zeitgemäßeres Design verpasst; Foto: Smb

Warum sollte dm das tun – und dann weniger verdienen?

Zum Beispiel, um seine Position im Markt abzusichern. Oder weil man es in Karlsruhe ohnehin gewohnt ist, knapper zu rechnen als es beispielsweise der Bio-Fachhandel für seine Produkte bislang musste. Durch den Verkauf großer Mengen ließe sich das – ähnlich wie im Discount – ein Stück weit ausgleichen. (Kein Wunder, dass der dm-Einkaufschef sein Unternehmen als „diskontierenden Drogeriefachmarkt“ sieht.)

Die „LZ“ schreibt von „hohen Margen, die dm trotz Bio-Preisführerschaft mit der Food-Eigenmarke dm Bio erzielen kann“.

So scheint auch ein kurzfristiger Verlust an Spanne wie durch die aktuelle Rabattaktion verkraftbar zu sein – wenn Kund:innen dafür dauerhaft zu dm-Bio-Käufer:innen und App-Nutzer:innen werden, für günstige Bio-Basisprodukte auch den Rest des Jahres zuerst zu dm gehen und bei ihrem Einkauf dann auch höherpreisige Artikel mitnehmen, mit denen sich mehr verdienen lässt.

Immer günstiger als der Wettbewerb

„Wir haben eine gute Datengrundlage und erkennen die Interdependenzen zwischen einzelnen Marken in der Warengruppe und im Gesamtsortiment“, erklärte Bayer der „LZ“. Das Wachstum von dm basiere (sortimentsübergreifend) „auf einer starken Mengenentwicklung“. „Das liegt auch daran, dass wir versuchen, die Preise niedrig zu halten.“

Wie wichtig es für dm ist, die Bio-Preisführerschaft zu behalten, lässt sich ganz gut an einem anderen Beispiel demonstrieren: Kichererbsen.

Kichererbsen von dm Bio; Foto: Smb

Als der frühere Partner und heutige Wettbewerber Alnatura vor einem Dreivierteljahr die ersten Artikel seiner neuen Basis-Biomarke „Prima! Alnatura“ ins Regal stellte (siehe Supermarktblog), gehörten dazu auch Bio-Kichererbsen im Glas: 99 Cent für 350 Gramm (4,30 €/kg). Das war deutlich günstiger als die klassische Alnatura-Variante im Glas (1,29 € für 330 Gramm, 5,86 €/kg). Und gleichzeitig ein niedrigeres Preis als der, den dm bis dato verlangte: 1,15 Euro für 350 Gramm (5,23 €/kg). Es dauerte nicht allzu lange, bis sich das wieder änderte: Seit vergangenem Sommer gibt es dm Bio Kichererbsen für 85 Cent (3,86 €/kg) – wieder 14 Cent günstiger als die billigste Alnatura-Variante. Und mit dem stolzen Zusatzhinweis: [Preis] „nicht erhöht seit 29.03.2016“.

Das Siegel noch dazu

Um niedrige Preise zu erzielen, wäre es für dm theoretisch auch möglich, eine Regelung aus der EU-Öko-Verordnung auszunutzen. Die besagt, dass Bio-Lebensmittel nach EU-Norm zu mindestens 95 Prozent aus ökologisch erzeugten Zutaten hergestellt werden müssen; 5 Prozent der Zutaten dürfen aus konventioneller Erzeugung stammen. Dafür gibt es allerdings eine separate Liste, in der produktspezifisch festgelegt ist, für was das alles gilt.

Kerstin Erbe von dm erklärt auf Supermarktblog-Anfrage, dass von diesem Spielraum nur in Ausnahmen Gebrauch gemacht werde:

„Wir bei dm möchten die Mindestanforderung der EU-Bioverordnung übertreffen und möglichst viele Produkte mit 100 Prozent Bio-Qualität anbieten. So sind lediglich in rund 3 Prozent der insgesamt 600 dmBio Produkte einzelne landwirtschaftliche Zutaten enthalten, die zum Beispiel mangels Verfügbarkeit nicht aus ökologischem Anbau stammen.“

Die zweite Säule der dm-Bio-Strategie besteht in der Profilierung des Lebensmittelsortiments durch verschiedne Aufwertungsmaßnahmen, wie sie – zumindest teilweise – auch andere Handelsunternehmen verfolgen. dm arbeitet mit den Anbauverbänden Naturland und Demeter zusammen, deren Siegel auf dm-Bio-Produkten erscheinen, sofern diese nach den jeweiligen Verbandskriterien hergestellt wurden.

„Rund 200 dmBio-Produkte sind Naturland- oder Demeter-zertifiziert“,

sagt Kerstin Erbe von dm. Den Kund:innen signalisiert das eine höhere Qualität zum immer noch überschaubaren Preis.

Submarken und Limited Editions

Gleichzeitig hat sich dm frühzeitig darum bemüht, auch etablierte Bio-Marken in die Läden zu holen, um sie außerhalb des klassischen Bio-Fachhandels anzubieten (z.B. Davert, Bauckhof, Biovegan). Für die Hersteller ist diese Partnerschaft ein zweischneidiges Schwert: Die Verfügbarkeit ihrer Produkte erhöht sich durch den Verkauf in über 2.100 deutschen dm-Märkten ganz enorm und man kooperiert mit einem Partner, für den man sich nicht verbiegen muss, weil der fast ausschließlich Lebensmittel in Bio-Qualität verkauft. (Für den bei der Kundschaft beliebten Oatly Barista Haferdrink ohne Bio-Siegel macht man hier in Berlin eine palettengroße Ausnahme.)

Gleichzeitig laufen etablierte Biohersteller so aber Gefahr, einen dauerhaften Preisverfall für ihre Marken zu riskieren, der sich nur schwer wieder umkehren lassen wird: Denn gegenüber Partnern – Bio hin, Bio her – fordert man in Karlsruhe laut „LZ“ nämlich u.a. „der Marktposition von dm entsprechende Einkaufspreise“.

Es gibt noch eine dritten Weg zur Aufwertung, den dm konsequenter als jedes andere Handelsunternehmen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel beschreitet: den der stetigen Produktinnovation. Außerhalb des dm-Bio-Basissortiments gibt man sich stark experimentierfreudig, erfindet Submarken und Limited Editions, etabliert jahreszeitenspezifische Sortimente, die weit über das übliche Weihnachts- und Ostersortiment hinausgehen, und traut sich verstärkt auch in Nischen.

Bio-Kompetenz übers Basissortiment hinaus

Nicht alles davon funktioniert so, wie man sich das vorgestellt hat: Die Submarke „dm Bio Bakery“, unter der es etwa 2020 Backmischungen für Burger Buns, Müsliriegel, Dinkel-Schoko-Waffeln und Karotten-Ingwer-Cupcakes zu kaufen gab, ist ebenso wieder aus dem Angebot verschwunden wie „dm Bio Viva il Gusto“ für Pana Cotta, Zitronenkekse und Pesto Puttanesca Piccante.

Gut möglich, dass letztere fürs Drogeriemarktregal eine Spur zu spezifisch war – italienisch angehauchte Bio-Spezialitäten gibt es aber weiterhin, nur eben jetzt unter der passenderen dm-Bio-Submarke „Genussreise“, vom Pizzamehl über Dinkel-Cantuccini bis zu Soft-Tomaten. „Genussreise“ kommt auch für andere länderküchenspezifische Artikel zum Einsatz, u.a. asiatisch inspirierte Mie-Nudeln aus Dinkel, Reisessig und Kimchi, sowie griechisch angehauchtes Pitabrot, Kritharaki und schwarze Olivencreme.

Mit den Länderküchen-Artikeln signalisiert dm der Kundschaft Bio-Kompetenz, die weit übers Basissortiment hinausgeht. Und setzt diese Strategie zunehmend auch für zeitlich limitiert erhältliche Artikel ein.

Erst sparen, dann belohnen

Speziell für den „Veganuary“ hat in diesem Jahr eine ganze Reihe von Neuerungen den Weg auf die Sonderflächen in den Märkten gefunden. Es gibt die eingangs erwähnte Brownie-Cheesecake-Alternative und das vegane Pilz-Omelett aus Kichererbsenmehl und Flohsamenschalen, eine Cashewcreme als Frischkäse-Alternative, vegane Streichcremes, Mais-Reis-Chips im „No Cheese Style“ und veganes Kakao-Shake-Pulver.

Stetige Ergänzungen und Innovationen haben den Vorteil, Bio-zugeneigten Kund:innen zu signalisieren, dass sie bei dm nicht nur ihren Grundbedarf decken können, sondern bei jedem Einkauf auch etwas Besonderes finden. Dazu kommt, dass die allermeisten dieser Produkte nicht oder nur schwer mit denen anderer Händler vergleichbar sind – und sich so im Zweifel höhere Margen erzielen lassen.

Wer schaut, wenn er vorher bei Müsli und Tomatenpassata gespart hat, schon so genau auf den Preis der veganen Nougat-Crisp-Schokolade mit Mandel und Quinoa?

Als weiteren Schwerpunkt hat man in Karlsruhe die Entwicklung von Bio-Fertiggerichten entdeckt, die sich schnell zubereiten und unkompliziert aufbewahren lassen, weil sie nicht gekühlt werden müssen.

Kühlartikel sind für dm tabu

Es gibt dm Bio Erbseneintopf und Chili sin Carne in der Dose, fertig einsetzbare indische Currysoße „cremig-pikant“, Express-Langkorn- und Wildreis für die Microwelle („Fertig in 90 Sekunden“), veganes Gyros, Linsenbolognese im Glas, Fertigmischungen für Gemüsebratlinge (auch glutenfrei) und Falafel, „Pumpkin Spice Pancakes“ und „Apfel zum Tassenkuchen“, Currywurst aus Tofu mit Ketchupsoße im Glas sowie Gemüse-Ravioli, Gemüse-Pfanne und Linsen-Dal in der Tüte, die sich einfach im Wasserbad erhitzen lässt – für alle, die mittags nach einer zumindest halbwegs gesunden Minimahlzeit bzw. Beilage verlangen.

Die Entwicklung der „Schnellen Gerichte“ dürfte ein Stück weit aus der Not heraus inspiriert worden sein. Denn den letzten Schritt in Richtung Lebensmittelhändler vermeidet dm aus guten Gründen strikt: das Angebot gekühlter Lebensmittel.

Zwar stehen auch in dm-Märkten Kühlschränke, aber eher als Service für die durstige Kundschaft, weil dort vorrangig gekühlte Getränke angeboten werden. Alles, was potenziell zügig ablaufen könnte, bleibt für dm tabu, um Ladenumbauten und Logistik-Komplikationen, vor allem aber um den Mehraufwand fürs Personal zu vermeiden, das dann stetig kontrollieren und aussortieren müsste.

dm dehnt die Sortimentskompetenz seiner Bio-Eigenmarke weit übers Basissortiment hinaus; Foto: Smb

Alle dm-Bio-Produkte sind über längere Zeit haltbar – und bevor das aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum naht, in der Regel schon längst übers Kassenband gerollt. So spart sich dm – im wahrsten Sinne des Wortes – das Risiko, abgelaufene Ware abschreiben zu müssen. (Was wiederum in niedrigere Preise investiert werden kann.)

Der Webshop als Geheimwaffe

Für Lieferpartner ist die stetige Eigenmarken-Innovation von dm sehr wohl ein Risiko: Zwar erklärt Einkaufschef Bayer, für eine ausgeprägte „Kategoriekompetenz“ brauche man unterschiedliche Preispunkte und Marken: „Eigenmarken allein können das nicht leisten.“ Gleichzeitig wies er aber laut „LZ“ (Abo-Text) auf einer Lieferantentagung zuletzt darauf hin, dass man „den Regalplatz nur einmal belegen“ könne. „Daher setzen sich die leistungsfähigsten Konzepte durch“, egal ob Marke oder Eigenmarke.

Das heißt: Auch etablierte Bio-Fachmarken, die bei dm-Kund:innen nicht performen, werden im Zweifel schnell ersetzt.

Online sieht das völlig anders aus. Der dm-Shop im Web entwickelt sich zunehmend zur Geheimwaffe für das Unternehmen. 20 Prozent vom dm-Online-Umsatz sind nach Daten von Nielsen IQ laut „LZ“ im 3. Quartal 2023 bereits auf Lebensmittel entfallen. Ein wichtiger Treiber sei der Vorratskauf, erklärt man am Unternehmenssitz.

Auch das liegt wieder an der Haltbarkeit der von dm angebotenen Produkte, die regulär per Paket verschickt werden, und zwar: überall ins Land, anstatt nur in Großstädten mit Kühlfahrzeugen oder Passivkühlung, wie es viele Wettbewerber für den Versand von Lebensmitteln praktizieren.

Bio-Pioniere und Start-ups nebeneinander vereint

1209 online verfügbare Ernährungsprodukte zählte dm zuletzt in seinem Shop, 1112 davon in Bio-Qualität – und eine wachsende Zahl (aktuell: 175) an „Nur online“ verfügbaren, um sich noch stärker als Bio-Auskenner und Spezialist z.B. für Kund:innen mit Glutenunverträglichkeit positionieren zu können: mit Aufstrichen, Trockenfrüchten und Öl von Koro, zahlreichen Pflanzendrinks (z.B von Natumi), Kastanienmehl von Bauckhof, „Soft Baked Oat Bars“ von Made Good Mornings, Soßen und Pesto von Ppura, Nudeln von Dinkelmax, Fruchtgummi von Foodloose, Müslis von Verival, Latte-Pulver von Lebepur, Kekse von Sommer, Rohkostkugeln von Raw Bite und „Lucky Loops“ von Wholey.

Im dm-Online-Shop sind Bio-Traditionshersteller und Start-ups mit ihren Produkten nebeneinander vereint und erreichen eine Kund:innenbasis, von der sie im klassischen Handel nur träumen können.

Im Zusammenspiel von Filialen (für Basis-Bio bzw. wechselnde Besonderheiten) und Online-Shop (für tiefergehende Ernährungssortimente und eine größere Reichweite) hat sich dm im Laufe der vergangenen Jahre eine Position im Markt erarbeitet, die das Unternemen bereits auf Platz 5 der „LZ“-Top-30-Unternehmen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel (Abo-Text) katapultiert hat – und das fast ausschließlich mit Bio-Lebensmitteln. Im Grunde genommen leistet dm auf diese Weise das, was der Bio-Fachhandel stets für sich in Anspruch genommen hat – Bio in den Mainstream zu bringen und für alle verfügbar zu machen.

Die Strategie, bei der Kundschaft künftig nicht mehr nur für Wattepads, Bodylotion und Mascara die Nummer eins zu sein, sondern auch für Haferflocken, Langkornreis und Kokosöl scheint aufzugehen.

Mehr zum Thema:

Kommentieren

Datenschutzhinweis: Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Eine Freischaltung erfolgt nur unter Angabe einer validen E-Mail-Adresse (die nicht veröffentlicht wird). Mehr Informationen.

7 Kommentare
  • Die Ladenpreise können nur zu Lasten der Marge gehen. Die Tomaten sind ein Paradebeispiel, da befinden wir uns in einem Verkäufermarkt. Die Erzeuger haben nichts zu verschenken und teilen dies dem deutschen Abnehmer über nie gekannte Abgabepreise mit. Schön für den Verbraucher, aber massiv verschenkte Handelsspanne für den Protagonisten.

  • Mich hat dm mit dieser Aktion eher vergrault: Ich habe lieber die klassischen Rossmann-Rabattgutscheine, als eine weitere Tracking-App auf dem Handy und im dm um die Ecke herrscht seit der zweiten Januarwoche gähnende Leere in den Lebensmittelregalen.

  • Bei mir hatte die Aktion ehrlich gesagt eher den umgekehrten Effekt. Da Rossmann für mich leichter zu erreichen und dank der Wochenangebote und Gutscheine in der App meist günstiger ist, bin ich nur noch extrem selten bei dm. Im Januar war ich aber, wegen dieser 20-Prozent-Aktion (die Rossmann ja regelmäßig auf Enerbio hat), mehrmals nochmal beim dm, wenn ich gerade bei einem in der Nähe war. Und hatte in beiden Filialen immer nur sehr ausgeräumte Regale, die an Corona Welle 1 erinnerten; übrigens nicht nur bei den Lebensmitteln, sondern auch bei den klassischen Drogerieartikeln waren viele Sortimentslücken.
    Gut gemeinte Köderaktion, aber ich bin immer eher frustriert gegangen und bleibe dann lieber bei Rossmann und den regulären Supermärkten. Mein learning war, dass ich bei dm im Zweifel nicht das kriege, was ich möchte.

  • Kühl- und Tiefkühlartikel sind in einem Dm nicht tabu: Im Duisburger Hauptbahnhof gibt es einen Dm mit Kühlregal (z. B. Käse) und Tiefkühlregal (Eis), sogar Tostbrot und einen Pfandautomaten für Einweg-Flaschen habe ich dort gesehen. Dm scheinbt sich flexibel anzupassen, da es in diesem Bahnhof keinen Supermarkt gibt, werden diese Produkte dort zusätzlich angeboten. Bislang auch nur dort gesehen, in anderen Bahnhöfen mit Dm und Supermarkt gibt es nur das normale Dm-Sortiment, z. B. im Düsseldorfer Hauptbahnhof oder im Berliner Bahhof Zoo.

    • An den dm im DU Hbf habe ich auch gedacht. Rossmann im OB Hbf hat ein ähnliches Sortiment. Die Filialen sind ehemalige Filialen von drospa bzw. Ihr Platz – das Sortiment ist also eher als ein Erbe zu betrachten.

    • Das können einige Rossmannfilialen (m.E. auch nur in Bahnhöfen ohne Supermarkt oder gar Discounter) ebenfalls und teils ziemlich tief. Wer dort vorbei zu einem leeren Kühlschrank unterwegs ist, findet sogar nicht wenige Regalmeter an Tiefkühlwaren (Gemüse, Fastfood usw. bis hin zu „Fernsehpizzen“) und (Frühstücks-) Kühlprodukten. Das natürlich selbst nach Abzug der üblichen Rabatte nur als teure Rückfallebene bzw. für sehr Faule (da i.d.R. Markenartikel zum Streichpreis).

  • Rossmann ist leider für seine geringen verräumten Mengen bekannt (wenn man nicht nach dem Lagerbestand fragt) und gerade in den Enerbiowochen sind die üblichen Art. meist gleich „aus“. Bei dm weiß man dank der Online-Bestandsangabe je Fil. und Art. wenigstens, was einen bestenfalls erwartet bzw. kann ohne Zeitverlust auf andere Standorte ausweichen. Dass haltbares Tofu usw. höchstens für „Beschäftigungslose“ mal verfügbar ist, steht leider außer Frage.

    Eigentlich hätte ich mich wohl nie genauer mit dm befasst, wenn Rossmann nicht einige Basics wie die Passata aus dem Sortiment geworfen und die Preise v.a. um Corona herum vielfach über Gebühr angezogen hätte …

Blog-Unterstützer:innen können sich über Steady einloggen, um Support-Hinweise und Werbung im Text auszublenden:

Archiv