Nach der Lekkerland-Übernahme: Was plant Rewe mit „Rewe express“?

Nach der Lekkerland-Übernahme: Was plant Rewe mit „Rewe express“?

Inhalt:

Wird’s ein Kassenlossupermarkt? Ein Abholladen mit Café-Anschluss? Ein Sofort-Lieferservice? Oder doch was ganz anderes? Ein Wunschzettel, rechtzeitig zum bevorstehenden Fest.

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In London probiert Aldi derzeit aus, sich den vielen britischen Kund:innen vertrauten Zusatz „Local“ anzuheften, um damit kleinere Innenstadtfilialen zu kennzeichnen (siehe Supermarktblog). Der eigentliche König der Supermarktnamenanhängsel ist aber ein anderer: das über viele Sprachen hinweg verständliche „Express“. Kein Wunder, dass es gleich von mehreren europäischen Handelsketten genutzt wird.

Die Convenience-Märkte von Carrefour Express versprechen u.a. in Frankreich, Belgien und Polen den schnellen Einkauf; in Großbritannien quetscht Tesco Express in größeren Städten an jeder Straßenecke ein eingedampftes Supermarktsortiment auf durchschnittlich 200 Quadratmeter Verkaufsfläche. In der Schweiz traute sich Migros vor Jahren das Bahnhofsshop-Konzept M-Express. Derweil ist Walmart Express in den USA bereits vor mehreren Jahren gescheitert (siehe Supermarktblog).

Selbst in Deutschland sind Expresse ein mehr oder weniger bekanntes Phänomen.

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Märkte an Bahnhöfen, in denen es auch gekühlte Lebensmittel und Reisebedarf zu kaufen gibt, hat die Drogeriemarktkette Rossmann zur besseren Unterscheidung Rossmann Express getauft; das betrifft aber eine nur eine sehr kleine Zahl an Läden, die in den vergangenen Jahren auch noch geschrumpft ist (siehe Supermarktblog).

Ebenfalls am Bahnhof, nämlich in Leipzig, versucht sich Alnatura Express als Unterwegsbioladen mit üppigem Snackangebot (siehe Supermarktblog).

Spar Express ist hierzulande das einzige Überbleibsel der Handelsmarke mit der grünen Tanne und wird von Edeka an Betreiber von Mini-Märkten an Verkehrsknotenpunkten lizenziert (siehe Supermarktblog); nachdem der Verkehrsgastro-Spezialist SSP einen neuen Vertrag mit der Deutschen Bahn abgeschlossen hat, dürften viele davon allerdings in „Service Shop DB“ umbenannt werden.

Mit E xpress hat Edeka erst versucht, ein Konzept für den schnellen Stadteinkauf und für kleinere Märkte in Wohngebieten aufzulegen; das war Quatsch (siehe Supermarktblog). Neue E xpress-Märkte sollen vorrangig an Hochfrequenzstandorten eröffnen.

Und mit dem Konzept Lidl Express hätte Lidl vor fast drei Jahren testen können, ob im deutschen Markt Platz ist für eine Kombination aus Vorbestell- und Abhol-Discounter; der geplante Start wurde aber bekanntlich kurzfristig wieder abgesagt, das Konzept eingestampft (siehe Supermarktblog).

Fehlt noch wer? Ach ja, natürlich: Rewe!

Das X steht für Schnelligkeit

Tatsächlich haben die Kölner bereits im Sommer Schutz für die Marke „Rewe express“ angemeldet (siehe Supermarktblog). Das einstige „Rewe Express Drive“-Experiment war zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren abgehakt. Die Markenregistrierung erfolgte zunächst auch nur für diverse Produktkategorien; inzwischen hat sich das allerdings geändert.

Rewe hat den Markenschutz erweitert, könnte mit Rewe express (außer klassischen Produkten) auch „Dienstleistungen des Einzelhandels über das Internet“ in verschiedenen Bereichen anbieten, sowie die „Verpflegung von Gästen; Beherbergung von Gästen“. Das bedeutet natürlich noch lange nicht, dass deswegen ein neues Handelsformat umgesetzt werden soll. Zumal in Köln für ein weiteres Convenience-Markt-Konzept eigentlich kein Bedarf besteht. Dafür gibt es schließlich schon Rewe City und Rewe to go.

Es sei denn, Rewe hat vor, nach der freigegebenen Übernahme des Großhändlers Lekkerland, der vorrangig Tankstellen und Kioske beliefert, das Geschäft in der Unterwegsversorgung neu zu strukturieren. Die gehöre „zu den stärksten Trends unserer Branche“ und werde „zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen“, ließ sich der Rewe-Vorstandsvorsitzende Lionel Souque im Frühjahr zitieren:

„Denn nicht nur junge Menschen kaufen und verzehren Mahlzeiten und Snacks immer öfter unterwegs.“

Wird Express das neue To Go?

In diesem Zuge könnte Rewe to go zum Beispiel zur reinen Tankstellen-Shop-Marke werden; die derzeit genau so heißenden Mini-Märkte in Fußgängerzonen bzw. an Verkehrsknotenpunkten könnten stattdessen unter Rewe express firmieren. (Oder andersherum, aber das käme im Re-Branding vermutlich teurer.)

Auf Supermarktblog-Anfrage äußert sich Rewe noch vorsichtig zu seinen Plänen:

„Mit dem Zusammenschluss der REWE Group und Lekkerland wollen wir den neuen strategischen Geschäftsbereich ‚Convenience‘ innerhalb der REWE Group gründen. Insofern ist es perspektivisch sinnvoll und naheliegend, Wort- und Bildmarken, die für Convenience stehen, vorausschauend für die REWE Group bzgl. der gängigen Warenklassen des Lebensmittelhandels zu schützen beziehungsweise langfristig zu sichern.“

Ganz so provisorisch, wie das klingt, ist das aber womöglich nicht. Immerhin hat sich Rewe bereits die Mühe gemacht, dem potenziellen Ableger ein eigenes Logo samt neuer Farbwelt zu spendieren.

Unter dem regulären Rewe-Hauptlogo in der linken oberen Ecke steht in kursiv gesetzter Schrift „express“; das X wird zusätzlich von zwei Fast-Forward-Pfeilen in den Farben gelb und orange angeschoben.


Logo: © Rewe

Das ist schon recht konkret. Hilft aber trotzdem erstmal nicht weiter.

Wie gut, dass bald Weihnachten ist – Zeit der Wünsche! (Woran uns Supermärkte ja bereits seit September mit dem entsprechenden Süßwarenangebot in ihren Läden erinnern.) Da ist es bloß folgerichtig, auch ein paar dieser Wünschen aufzuschreiben, damit sie ein führender deutscher Lebensmitteleinzelhändler in Erfüllung gehen lassen kann!


Wunschzettel für „Rewe express“

An den Weihnachtslionel
Domstraße 20
zu Köln

Weil wir in diesem Jahr artige Kund:innen waren, eifrig beim Rewe Lieferservice eingekauft, Bons in der App eingelöst, neue SB-Kassen-Bediensysteme gelernt, an Supermarkt-Salatbars Mittagessen geholt, neue Design-Läden bewundert, Eigenmarken in Pop-up-Stores gestreichelt und nur ganz, ganz wenig über die deli-am-Markt-Snackkompetenz gelästert haben, wünschen wir uns Folgendes für Rewe express:

Wunsch-Priorität 1: einen Kassenlos-Supermarkt!

International befassen sich Lebensmitteleinzelhändler mit der Frage, was sie Amazons kassenlosem Supermarkt Go entgegensetzen können, der sich zunehmend ausbreitet (siehe dazu auch Supermarktblog). Viele kooperieren dafür mit IT-Spezialisten und Start-ups, die mit ihren Technologien versprechen, Kund:innen einen anstehfreien Einkauf zu ermöglichen. In der Schweiz stellte Valora in diesem Jahr testweise die „Avec box“ an den Züricher Bahnhof; Albert Heijn probiert eine kassenlose Supermarktbox in den Niederlanden aus; auch Carrefour befasst sich intensiv vollautomatisierten Läden.

Mit dem Innovationsanspruch, den man in Köln sonst für sich in Anspruch nimmt, wird es eigentlich höchste Zeit für Rewe, sich den Bemühungen anzuschließen.

Wunsch-Priorität 2: ein Abholladen mit Café-Anschluss!

Muss aber gar nicht so kompliziert sein. Eigentlich bräuchte Rewe bloß dort ansetzen, wo Lidl vor zwei Jahren (verfrüht) aufgegeben hat: Bei einem Handelskonzept, das die Stärken des stationären LEH mit dem Komfort der Online-(Vor-)Bestellung kombiniert. Zum Beispiel ein Click-und-Collect-Supermarkt, bei dem sich Güter des täglichen Bedarfs (Saft, Kaffee, Nudeln, Küchentücher) online vorbestellen lassen, um sie auf dem Weg nachhause selbst abzuholen; während sich frisches Obst und Gemüse, Salate und Snacks an Ort und Stelle selbst aussuchen und dazu kaufen lassen.

Das würde Rewe hohe Kosten für die letzte Meile der Heimlieferung und den kritischen deutschen Kund:innen die Lieferkosten bzw. das Warten zuhause ersparen.

Im Idealfall wäre so ein Abholsupermarkt gleichzeitig Anlaufstelle für einen schnellen Kaffee, ein Stück Kuchen oder ein kleines Mittagessen. Wie praktisch, dass Rewe zusätzlich Schutz für „Cobea Urban Coffee“ beantragt hat (u.a. für „Verpflegung von Gästen; Catering; Betrieb von Cafés mit kleiner Restauration“). Das klingt nicht gleich nach großer Gastronomie, an der sich das Unternehmen schon öfter verhoben hat – aber durchaus nach einer glaubwürdigen Alternative zu Starbucks & Co., die sich für ein paar belegte Paninis und Bagels aus dem Supermarktsortiment bedienen und Kund:innen die Wartezeit bis zur Abholung schmackhaft verkürzen könnte.

(Kann aber natürlich auch einfach eine schnöde Rewe-Cold-Brew-Eigenmarke werden.)


Logo: © Rewe

Wunsch-Priorität 3: ein Sofort-Lieferdienst!

Seit dem Spätsommer bietet Rewes regulärer Lieferservice bereits die taggeleiche Lieferung an – sofern Kund:innen ausreichend früh bestellen und noch ein Zeitfenster für den Abend übrig ist (siehe Supermarktblog). Zahlreiche europäische Mitbewerber sind schon einen Schritt weiter und testen in Großstädten die Zustellung frischer Lebensmittel ein bis zwei Stunden nach der Bestellung – so wie Ocado Zoom in Großbritannien und Carrefour in Frankreich (in Kooperation mit Lieferdiensten). Dieser Test stünde auch deutschen Lebensmitteleinzelhändlern gut zu Gesicht – obwohl die Ausgangssituation realistisch gesehen nicht ideal ist: Rewe-Digitalchef Christoph Eltze erklärte zuletzt, die Mehrheit der Lieferservice-Kund:innen würden ihre Einkäufe mehrere Tage im Voraus planen. Und der potenzielle Logistikpartner Lieferando macht auch eher den Eindruck als sei er zu satt und selbstbeschäftigt für große Experimente.

Ratsam wäre eine solche Kooperation trotzdem – zumal Amazon die Lebensmittelsofortlieferung ohnehin irgendwann zum Standard machen will (in den USA fängt man gerade schon mal an, siehe Supermarkblog).

Wunsch-Priorität 4: KEINE Microwellengerichte, bitte!

Für den Fall, dass das alles hoffnungslos utopisch und bloß dem irrigen Wunsch geschuldet ist, der deutsche Lebensmitteleinzelhandel möge endlich mal aus seinem Trott herauskommen und wirklich etwas ausprobieren, das den klassischen Selbstbedienungseinkauf weiterentwickelt: Bitte, bitte, lieber Weihnachtslionel, lass „Rewe express“ in diesem Fall nicht bloß der neue Name für irgendwelche neuen Microwellen-Fertiggerichte sein, die demnächst im Kühlregal auftauchen.

Weil wir sonst nämlich direkt vereinbaren können, dass wir uns in diesem Jahr den ganzen Quatsch sparen und einfach nichts mehr schenken. Abgemacht?

Fotos: Supermarktblog; Icons: Freepik via flaticon.com"

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6 Kommentare
  • mein Wunsch:
    das in Express-Läden der selbe Preis verlangt wird wie in normalen Supermärkten und nicht wie oft üblich preislich draufgeschlagen wird

    • Das ist aber jetzt oft schon Standort-bedingt sehr variabel, auch innerhalb der einzelnen Handelsformate. Trotzdem ein guter Wunsch!

  • Mich würde ein Experiment mit SB Rabatt reizen. Nach dem Motto wenn du dich selbst (erfolgreich) an der SB Kasse bargeldlos abkassierst gibt’s einen kleinen Dauerrabatt von 5 % oder extra Payback Punkte oder dergleichen.

    Das würde in dieser Nation der Geizkragen ganz schnell alles Naserümpfen über SB Kassen und Hohelieder auf Bargeld beenden.

    Besetzte Kassen und Bargeld sind teuer, was wir alle mitbezahlen und lahm.

    Langfristig sollte eine Technologie wie Amazon Go dann auch die SB Kassen überflüssig machen.

    Wer schon einige Male in einem britischen Kleinsupermarkt mit SB Kassen in London eingekauft hat weiss mit welchem Tempo das abläuft sobald die Kunden daran gewöhnt sind. Davon profitieren alle. Anstehen an der Kasse ist schließlich Stress pur, obwohl man genau genommen ja nichts macht. Und auch die Gemütlichen unter uns haben was davon, an der SB Kasse kann man sich Zeit lassen, kein Kassenband, keine Kassiererin die einen fast schon anschliebt, keine genervten Blicke.

    Das Konzept muss nicht auch noch den letzten Nostalgiker überzeugen. Ich weiss gar nicht warum die fortschrittsfeindliche Minderheit immer der Maßstab für alles hierzulande ist. Die Masse würde so ein Konzept lieben.

    • > Ich weiss gar nicht warum die fortschrittsfeindliche Minderheit immer der Maßstab für alles hierzulande ist.
      Weil man hierzulande mit lautem Genörgel immer noch am schnellsten in die Medien kommt. Was auch immer, quasi sofort gibt es eine Bürgerinitiative dagegen; dass dies nichts Neues ist, zeigt schon ein wirklich uraltes Reinhard-Mey-Lied „Fred Kasulzke protestiert“ (oder so ähnlich).
      Aber tatsächlich wäre eine parallele Aufteilung in schnelle SB-Kasse und absichtlich langsame Bedienungskasse mit sozialem Schwätzchen (wie vor einigen Tagen aus Holland als Innovation präsentiert (ich weiß leider nicht mehr, wo? Tagesschau?) aber tatsächlich schon vor langem hier im Blog aus Schweden (?, das Gedächtnis, das Alter…) vorgestellt) ein echter Fortschritt für alle!

    • „Dagegen“ Leute einfach Mal zu ignorieren wäre doch ein schöner Vorsatz für 2020.
      Ich denke, dass der LEH echt in Probleme gerät falls Amazon Go oder auch chinesische oder südkoreanische Ketten hierzulande expandieren. Gerade die Leute die nicht auf wirklich jeden Cent schauen müssen sind technikaffin. Die Bonsummen der „Warten Sie, ich glaube ich habe das passend [zählt die Kupfermünzen ab] ham’Se gesehen wie der junge Mann vor mir mit Kreditkarte bezahlt hat?“ Umstandskrämer sind meist besonders niedrig.
      Es scheint schon eine Korrelation zwischen „[wäscht sich mit Kernseife und kauft Kartoffeln und Kohl] die Butter kostet wieder 10 Cent mehr, Abzocke, Volksverarsche, die da oben, schon immer gearbeitet“ und Bargeld/besetzte Kasse Bedürfnis zu geben.

      Allein dass hierzulande nicht per default das unbare Terminal aktiv ist sondern man „mit Karte, bitte“ sagen muss, dann reißt einem die Kassiererin erstmal die Karte aus der Hand und steckt (!) sie rein, dreht das Terminal hin und her, dann muss ich natürlich die PIN eingeben… NFC dran halten, Tschüss. Könnte so schnell und einfach sein. Auch die Frage nach dem „Bon“, demnächst ist es sogar in der Bäckerei Pflicht, dass die einem ein Stück Papier anbieten müssen. Und von moderner Zahlung per nfc Visa oder Gpay beim Bäcker reden wir lieber gar nicht erst. Wenn dann immer noch die dummen Kommentare der Ewiggestrigen in der Kassenschlange kommen könnte ich manchmal echt platzen. Es hat sich in den letzten 30 Jahren an der Kasse im LEH aus Kundensicht fast nichts verändert.

    • Ich glaube, ich kaufe (Gott-sei-Dank!) dafür in den falschen Läden ein, aber vorstellen kann ich mir das durchaus. Dennoch gibt es eben auch die andere Fraktion, die zwar auf jedem Payback-Punkt besteht, aber bis heute unfähig ist, die Karte selbst zu scannen. Und das Kassenpersonal ist es halt auch leid, bei drei Versuchen zuzusehen, wie die Karte falsch herum ins Gerät gesteckt wird; warum sie aber nicht ihre Kunden trainieren, die Karte stattdessen einfach ans Gerät zu halten, weiß ich auch nicht. Und final nicht zu vergessen gibt es natürlich noch die (zumeist Damen, tut mir leid!), die bei Einräumen der Waren dann ganz überrascht sind, dass diese tatsächlich BEZAHLT werden müssen und dann erst einmal nach Portemonnaie und Geld/Karte wühlen müssen; wofür sie sich dann entscheiden, spielt dann wirklich auch keine Rolle mehr… Da ich mich persönlich gegen Verzweifeln entschieden habe, gibt’s dann doch hin und wieder mal einen sarkastischen Kommentar und darauf ein dankbares Lächeln der Kassiererin…
      Nebenbei bleibe ich dabei, dass eine langsame Kasse mit Schwätzchen und nicht-verfolgbarer Barzahlung eine valide Alternative zur Expresskasse darstellt, wobei gerne die schnelle Lösung der Default sein kann.

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