Real – die Supermarktkette, die der deutsche Handel dringend gebraucht hätte

Real – die Supermarktkette, die der deutsche Handel dringend gebraucht hätte

Inhalt:

Mit Real hatte Metro weitreichende Ambitionen, um den Einkauf von morgen mitzugestalten und sich als Alternative zu Edeka, Aldi & Co. zu positionieren. Diese Zielstrebigkeit vergangener Tage fehlt dem deutschen Handel schon jetzt.

Partner:

Man wird ein bisschen wehmütig, wenn man in dem 60-seitigen Heftchen blättert, das Metro einst Besucher:innen des „Real Future Stores“ in die Hand drückte, damit die sich noch lange daran erinnern, wie sie das erste Mal eine „Reise in die Zukunft des Handels“ unternommen haben.

Denn diese Zukunft ist leider schon länger Vergangenheit.

Bis 2014 war der Markt im nordrhein-westfälischen Tönisvorst Teil der „Future Store Initiative“, mit der Deutschland damals größtes Handelsunternehmen in Kooperation mit Partnern aus Konsumgüterindustrie, IT- und Dienstleistungsbranche „den Modernisierungsprozess der Handelsbranche“ vorantreiben wollte.

Und natürlich seiner Stammkundschaft demonstrieren, wie man sich in Mönchengladbach bzw. Düsseldorf die Einkaufswelt von morgen vorstellt: mit Beratungsrobotern, Schnellkassen, mobilen Einkaufsassistenten („MEA“), Rezeptberatung und Frischware, die Mitarbeitende per Funk-Chip über ihr Mindesthaltbarkeitsdatum auf dem Laufenden hält (siehe Supermarktblog).

Manches davon war ziemlicher Quatsch, anderes aus heutiger Sicht geradezu weitsichtig. (Zum Beispiel das kurzzeitig getestete Bezahlen per Fingerabdruck, das Amazon in den USA in einer aktualisierten Version zurückholen will.)

Ein letztes Aufbäumen

In jedem Fall war es ein letztes Aufbäumen der weitreichenden Ambitionen, die Metro einst hatte, um den Einkauf der Zukunft aktiv mitzugestalten. In den zurückliegenden Jahren hat man in Düsseldorf jedoch alles unternommen, um reiner Großhändler zu werden. Mit dem Verkauf von Real ist dieses Ziel nun erreicht. Und das mittelfristige Verschwinden der Handelskette der Kollateralschaden, den Metro dafür in Kauf genommen hat (siehe Supermarktblog).

Das ist nicht nur für die Mitarbeiter:innen bedauerlich, die nun um ihre Jobs bangen, wenn sie nicht zu einem der Konkurrenten wechseln, die den Großteil des Filialnetzes übernehmen.

Sondern für den ganzen Markt: Weil Real die ausgleichende Kraft hätte sein können, die dem in hohem Maße konzentrierten deutschen Lebensmitteleinzelhandel schon seit Jahren fehlt.

Ein Unternehmen, das offen für Innovationen ist – und sie nicht erst mühsam zulässt, wenn es gar nicht mehr anders geht; das Trends frühzeitig erkennt und umsetzt; das mit Qualität und Vielfalt einen starken Gegenpol zur Fixierung auf den niedrigstmöglichen Preis hätte bieten können, von der sich die meisten Anbieter getrieben sehen. Das wäre zugegebenermaßen eine überschaubare Marktlücke gewesen, aber immerhin: eine Marktlücke.

Raus aus dem Handelsmittelalter

Die Chance, Real frühzeitig in diese Richtung weiter zu entwickeln, hat Metro spektakulär verstreichen lassen. Die Umbauten auf das vielgelobte „Markthalle“-Konzept, das vor drei Jahren Premiere feierte (siehe Supermarktblog), kamen letztlich zu spät; als konzeptioneller Befreiungsschlag für die gesamte Kette war das Modell ohnehin nie geeignet (siehe nochmal Supermarktblog).

Dabei war im Unternehmen schon lange davor eine für den deutschen Handel überdurchschnittlich hohe Experimentierbereitschaft angelegt gewesen.

Während sich manche Wettbewerber lange im finstersten Handelsmittelalter mit Horrorfliesen und Personenvereinzelungsanlagen ausruhten und die Sortimentsentwicklung kontinuierlich verschleppten, gehörte es bei Real über viele Jahre zur DNA, Neues auszuprobieren.

Real führte als erste deutsche Handelskette SB-Kassen ein und testete mit Real Drive einen eigenen Abholservice.


Screenshot: Archiv

Das Unternehmen ließ Kund:innen ihre Lieblings-Pizzen kreieren, um sie unter der eigenen Mittelmarke in die Läden zu bringen; testete mit Technologie-Partnern Info-Displays an Kühltheken; stelle Waagen mit automatischer Obsterkennung in die Frischeabteilung; erfand den Tiefkühlober; und setzte frühzeitig auf den Trend zu höherwertigen Bio-Lebensmitteln (bei dem man sich zuletzt ärgerlicherweise von der Konkurrenz überholen lassen musste).

Selbst als der Verkauf längst beschlossen war, hat Real weiter ausprobiert: Im vergangenen Jahr startete das Vorteilsprogramm „Real Pro“ nach dem Vorbild von Amazon Prime (siehe Supermarktblog).

Real hat weiter treue Fans

Manches davon war nicht richtig durchdacht, einiges ist gefloppt. Und Eigenmarkenunfälle wie Ohne teuer (Foto) bzw. Sôi haben lange davon abgelenkt, die Kerneigenmarken trennschärfer zu positionieren. Wenn nicht der unmittelbare Nutzen für die Kund:innen im Vordergrund stand, hat sich Real mit Innovationen auch mal ganz schön vergaloppiert – so wie mit der Gesichtserkennung an der Kasse zu Werbezwecken (siehe Supermarktblog). Shit happens.

Dennoch verfügt Real bis heute unbestreitbar über eine große Fan-Basis, die nach wie vor den Komfort des traditionellen motorenunterstützen Wocheneinkaufs mit breitestmöglicher Markenauswahl schätzt.

Entsprechend groß ist in dieser Zielgruppe das Entsetzen, dass es mit Real nach dem Verkauf zu Ende gehen könnte. Aber selbst unter den Fans bestreitet kaum jemand das größte Handicap der Handelskette: die merklich in die Jahre gekommenen Filialen, die – insbesondere im Vergleich mit denen direkter Konkurrenten wie Globus, Kaufland, Marktkauf und Rewe – zunehmend aus der Zeit gefallen zu sein schienen.

Real hat es nicht mal geschafft, das vor über zwei Jahren präsentierte neue Logo (siehe Supermarktblog) überall an die Märkte zu hängen, geschweige denn: sie im versprochenen Ladendesign zu modernisieren. (Das mancherorts auch wieder nur halbherzig angegangen wurde.)

Ein gewagtes Konstrukt

Mag sein, dass Real von Anfang an ein besonders gewagtes Konstrukt gewesen ist, im Laufe mehrere Jahre zusammengesetzt aus regionalen SB-Warenhausmarken: Allkauf, Basar, BlV, Continent, Divi, Esbella, Extra, Huma, Kriegbaum, Massa mobil, Meister, Suma – und Real-Kauf. Vielleicht war es ein unmögliches Unterfangen, all das unter einer einheitlichen Marke mit einem gemeinsamen Standard zusammenzuführen. Bereits vor 14 Jahren wurde in der Branche deshalb spekuliert, Metro könne des Geschäftsfeld wegen der schwachen Entwicklung ganz aufgeben.

Doch dann beendete der US-Handelsriese Walmart im Jahr 2006 überraschend schnell sein misslungenes Deutschland-Abenteuer, wollte 85 Märkte loswerden – und Metro bot sich als Käufer an. „Die Akquisition ermöglicht eine ideale Ergänzung des bestehenden Standortnetzes der (…) Vertriebslinie Real“, hieß es damals in einem Statement aus Düsseldorf (PDF).

Wo man sich und seiner SB-Warenhauskette mit der Aktion noch einen weiteren Mühlstein um den Hals band.

Systematisch die Konkurrenzfähigkeit versagt

Aber selbst die Herausforderung einer Integration besagten Ausmaßes ist keine Ausrede dafür, wie systematisch Metro der eigenen Vertriebslinie zuletzt die Konkurrenzfähigkeit versagt hat. Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel konzentriert sich künftig noch stärker als bisher auf die vier größten Anbieter Edeka, Aldi, Schwarz (Lidl & Kaufland) und Rewe, die rund 85 Prozent des deutschen Markts unter sich aufteilen und damit zunehmend Einfluss darauf haben, was und wie wir einkaufen (siehe Supermarktblog).

Die Real-Schrumpfung kennt deshalb fast ausschließlich Verlierer:innen:

  • Real selbst verliert mit nur 50 Filialen, die vom neuen Eigentümer vorerst weiterbetrieben werden sollen, massiv an Marktmacht und Relevanz.
  • Mitarbeiter:innen in den 30 zu schließenden Filialen verlieren ihre Jobs.
  • Kund:innen und Hersteller:innen verlieren eine Alternative zu anderen großen Handelsketten, um vielfältig einkaufen bzw. ihre Produkte vertreiben zu können.
  • Sogar Konkurrenten verlieren: weil die Verhandlungsposition der RTG Retail Trade Group, in der sich Metro mit Partnern zusammengeschlossen hat, um gemeinsam günstiger einzukaufen, geschwächt wird.

Wer gewinnt? Aller Voraussicht nach: Edeka und Kaufland.

Anspruch und Wirklichkeit

Und so bleibt von der Supermarktkette, die der deutsche Lebensmitteleinzelhandel so dringend als ausgleichende Kraft hätte gebrauchen können, mittelfristig vermutlich nicht viel mehr als eine Erinnerung: daran, dass es in dieser Branche mal ein Unternehmen mit Ehrgeiz gab, heute schon das im Laden umzusetzen, was Wettbewerbern gestern noch als Science-Fiction galt.

Mit diesem Anspruch haben die Real-Märkte zwar schon seit längerem nicht mehr viel zu tun.

Dennoch ist die beabsichtigte Zerschlagung der Handelskette ein riesiger Verlust. Vor allem für diejenigen, die fest daran geglaubt haben, die „Zukunft des Handels“ könne vielfältiger sein als sich das im Jahr 2020 abzeichnet.

Mehr dazu, wie Metro bei Real über Jahre hinweg notwendige Modernisierungen verschleppt hat, steht in einem zweiten aktuellen Blog-Text.

Gleich weiterlesen

Fotos: Supermarktblog"

Mehr zum Thema:

Kommentieren

Datenschutzhinweis: Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Eine Freischaltung erfolgt nur unter Angabe einer validen E-Mail-Adresse (die nicht veröffentlicht wird). Mehr Informationen.

33 Kommentare
  • Nachdem die Ex-Tooms alten Formats immer weniger werden, nun also Real. Es ist wohl spätestens jetzt der Anfang vom Ende des echten SB-Warenhauses bzw. Hypermarché in Deutschland festzustellen. Mag sein, dass es aus der Zeit gefallen wirkt – und wahrscheinlich auch ist, als Teil der „Autogerechten Stadt“ des 20. Jahrhunderts.
    Das ist aus nostalgischen Gründen schade – für mich persönlich gehören die riesigen neonhellen Hallen mit den verschmodderten Wählscheibentelefonen an den Säulen („Kundendienst? 202 wählen“) zu den schönen Kindheitserinnerungen, der etwa ein Kaufland in seinem ganzen Bilig-Style zuwiderläuft. (Ich mag die einfach nicht!)
    So oft war es aber auch einfach praktisch. Einkaufen für die Silvesterparty und vom Raclette bis zum Bowleglas(!) alles in den Wagen hieven. Mein erstes (selbst ausgesuchtes) Fahrrad war von Real und mein erster Bluray-Player auch, Prospekt-Angebot. Für viele Einkäufe war es einfach die logische Anlaufstelle. Palette Dosenbier und ein Zelt auf dem Weg zum Festival? Klar! Wocheneinkauf machen und noch ein paar billige Socken vom Wühltisch mitnehmen, Spaß!
    Jetzt wo es auch den klassischen Kaufhäusern absehbar an den Kragen geht und diese heute schon eigentlich nur noch aus Mode und überteuerten Edel-Haushaltswaren bestehen, weiß ich bald gar nicht mehr, wo man manche Dinge noch kaufen soll, wenn nicht bei Amazon. Das bestimmte Verlängerungskabel? Ein erschwingliches Set Frischhaltedosen oder den Pfannenwender? (Bestimmt nicht den für 12,95 Euro aus Rewes Fackelmann-Regal.) Günstiges Motorenöl? Scheibenwischflüssigkeit? Einen Fahrradschlauch auf der Radtour am Samstag um 17 Uhr? Vorgeschnippelte TK-Paprika im großen Sack? Das bestimmte Markenprodukt, das kein kleiner Supermarkt mehr hat? (Hallo, Pfanni Stampfkartoffeln!)
    Klar ist bei aller Nostalgie aber auch: Zuletzt habe ich auch meistens direkt das schicke neue Rewe-Center angesteuert, weil beim Real immer irgendetwas ärgerlich war. Immer mehr Regale waren leer, immer häufiger fehlte irgendwas (und wurde so das Versprechen „alles drin“ eben nicht eingelöst), hakte der Pfandautomat… Irgendwie fühlte sich alles insgesamt schon länger an, als würde es bald zu Ende gehen.
    Tschüs SB-Warenhaus, tschüs Real, vielleicht wurde es leider Zeit! Den Beschäftigten alles Gute!

    • Interessant, wo wollen denn die Menschen die nicht in der Stadt wohnen, also zu gut 3/4 der Deutschen einkaufen?
      In mittelgroßen Städten gibt es weder REWE noch Aldi noch Edeka. Mit Glück vielleicht einen kleinen Supermarkt.
      Also bleibt nur der Einkauf mit dem Auto. In die großen Städten dürfen sie bald nicht mehr rein weil irgendwelche Typen meinen, das ist alles böse, was nicht auf zwei Rädern fährt.
      Also bleibt nur die grüne Wiese mit den Malls oder den großen Kaufländern oder Reals, so es sie noch gibt.

    • Ich habe jetzt mal für ein paar Unterzentren, in denen ich noch nie gewesen bin, nach Discountern und Supermärkten gesucht. Gewählt habe ich Städte in NRW und BW, da dort die Infrastruktur aufgrund der Ballungszentren in den kleineren Städten schlechter ist als in ländlich geprägten Gegenden z.B. in RLP oder MV. Überall habe ich irgendeine Kombination aus (ALDI|Lidl) und (Edeka|ReWe) finden können. Dann sollte es ja auch in mittleren Städten mindestens einen Supermarkt und einen Discounter geben.
      Es wird also auch ohne Real wohl keiner mehr verhungern müssen als vorher.

    • Hat ja niemand behauptet, aber anstatt googlen, mal hinfahren. Es ist auf dem Land fast unabdingbar, dass es die Zentren auf der grünen Wiese gibt.
      Es geht ja nicht nur um das Pfund Mehl oder das Dutzend Eier.
      Die städtische Perpektive, dass man 3-5 Supermärkte vor der Tür hat und nochmal 2-5 mit dem Fahrrad oder zu Fuß erreichen kann sind halt auf dem Land nicht abbildbar.

    • Aber wenn ich mich für den Einkauf sowieso ins Auto setzen muss – wo ist dann der Unterschied, ob ich nun zu Aldi und Edeka (die in der Regel dann auch direkt nebeneinander sind, so dass ich beim Anderen holen kann, was ich beim Einen nicht bekomme) für meinen Wocheneinkauf fahre oder zum Real?

    • Grob überschlagen versorgt ein neuzeitlicherer Supermarkt oder Discounter im Schnitt 3’000–4’000 Einwohner, und in Großstädten sind es wohl eher mehr. Normalerweise sind Orte mit 5’000 Einwohnern plus 5’000 Umland schon mehrfach belegt. Mag sein, dass es in Gegenden ohne relevante zentralere Orte schlechter ausschaut, aber ich glaub nicht, dass es unversorgte halbwegs kompakte Gemeinden mit mehr als 10’000 Einwohnern in nennenswerter Zahl gibt. Gibts dafür auch nur ein einziges Beispiel?

    • ca. 8 Millionen Bundesbürger sind unterversorgt.
      Die Kilometerzahl für Einkaufsfahrten liegt bei 444 Mio. Pro Tag.
      Gemeinden mit den genannten 10.000 Einwohnern sind nicht gebündelt, sondern verteilen sich oft auf eine Fläche der Größe Berlins. Da gibt natürlich auch Supermärkte, die kleinste Entfernung zwischen diesen beträgt knapp 20 km.

    • Bin jetzt mal die 50 am dünnsten besiedelten Gemeinden ab 10’000 Einwohnern durchgegangen: Möckern, Wittstock/Dosse, Gardelegen, Klötze, Tangerhütte, Oberharz am Brocken, Coswig (Anhalt), Jessen (Elster), Lenggries, Templin, Angermünde, Zerbst/Anhalt, Bad Belzig, Wittingen, Osterwieck, Kloster Lehnin, Oebisfelde-Weferlingen, Lichtenau (Westf), Hagen im Bremischen, Südheide, Zehdenick, Genthin, Oberzent, Friedeburg, Gommern, Nauen, Fehmarn, Querfurt, Beverstedt, Beelitz (Mark), Rüthen, Südliches Anhalt, Jüterbog, Bad Berleburg, Pritzwalk, Emsbüren, Gräfenhainichen, Wanzleben-Börde, Schotten, Krummhörn, Bad Wünnenberg, Baiersbronn, Salzwedel, Munster, Kirchhundem, Stemwede, Uplengen, Schneverdingen, Bad Wurzach, Haselünne.

      Die haben alle Supermarkt und Discounter, in aller Regel mehrere, und etliche auch schon einen Verbrauchermarkt. Querfurt hat außer dem Real bloß einen ganz kleinen Edeka und 5 Discounter. Ohne den Real wär da wohl auch genug Nachfrage für einen Supermarkt da. Südliches Anhalt ist der Prototyp der zentrumslosen Kunstgemeinde und die Ausnahme ohne richtigen Supermarkt, hat aber immerhin noch 2 Nettos (ohne Hunde), Norma, Niedrigpreis und einen kleinen Nah&Gut. Der offenbar nicht so kleine Nahkauf scheint kürzlich geschlossen zu haben (auf Google noch namenslos existent und zuletzt auf Russisch kommentiert). Vom größeren Teil der Gemeinde aus sind Köthen, Zörbig und/oder Dessau eh näher als der Hauptort.

    • Und zu den Entfernungen: Annähernd so groß wie Berlin ist Gardelegen und mit einigem Abstand noch ein paar Gemeinden im Bereich um Magdeburg. Gut 15 km innerhalb der Gemeinde kommen da vereinzelt schon vor (20 km auch, aber dann ist ein anderer versorgter Ort näher), aber das ist dann halt wirklich flaches Land um einen zumeist klaren, gut versorgten Hauptort (manchmal auch mehrere) und hat mit einer regulären Stadt nichts zu tun. Das ist dann nicht anders als in anderen dünn besiedelten Gegenden, wo die ganz kleinen Gemeinden nicht so großflächig eingemeindet worden sind.

      Richtig flächige Gemeinden sind auch der Fläche nach eine Nummer kleiner. Stemwede hat aber trotzdem einen größeren Edeka und noch einen unabhängigen Markt. Bloß Discounter mögen die richtig grüne Wiese wohl nicht so; da gibts bloß einen Netto (ohne Hund) nahe der Landesgrenze (von einem größeren Teil der Gemeinde ist der nächste Real auf der nicht mehr so grünen Wiese näher, aber für die, die sich nicht in die City von Espelkamp reintrauen, gäbs auch noch einen Marktkauf).

  • Beim Lesen kriege ich fast feuchte Augen. Real gehörte für mich immer dazu, auch wenn ich oft über den Laden bzw. den Eigentümer geflucht habe. Wie die Metro es wagen konnte, ihre Real-Mitarbeiter bis zum baldigen bitteren Ende der Kette in gammeligen Kitteln nach Schlecker-Art in ranzigen Kaufhallen sitzen zu lassen. Wie sie sich erdreisten konnte, ihren Kunden auch 2020 noch fast überall den Charme des Einkaufens von 1984 anzubieten. Trotz allem gehörte die Marke dazu, meine Tante arbeitete lange bei der Schwestermarke Extra, in meiner Familie heißt Real heute noch, je nach Standort, Rick, divi oder Allkauf. Und es ist einfach sehr traurig, wieder eine Traditionsmarke sterben zu sehen, ich habe den Verlust von Plus, Kaisers und Extra noch gar nicht verwunden. Ich wünsche den Mitarbeitern von Herzen das Beste und hoffe, dass Kaufland und Co. nicht alles von Real ausradieren sondern manches gute Konzept weiterführen. Ansonsten würde man sich z. B. einige Kunden aus den Niederlanden in den Grenzmärkten vergraulen durch kompletten Rauswurf des inzwischen fast einzigartigen Nonfood-Bereichs und es gibt weitere Beispiele. Samstags kein Besuch mehr an der heißen Theke nach dem Einkauf. Das ist (bald) real…

  • Massa, Eurospar, Wertkauf, Wal Mart… so viele Leichen im Keller und nix daraus gemacht. Gut daß das Drama ein Ende findet und in kompetente Hände geht, eigentlich ein Widerspruch wenn man Kaufland im gleichen Atemzug erwähnt. Aber es kann nur aufwärts gehen. Mitarbeiter die gehen müssen, werden mit Kusshand vom LEH aufgenommen. Tschüss Real, es war irgendwie doch ganz nett mit Dir !

    • Ich glaube ehrlich gesagt nicht, und so leid es mir tut, dass sich jemand um die Mehrzahl der real-Mitarbeiter reißen wird. In den Märkten, die ich kenne, ist zumindest das Kassenpersonal sehr alt und auch sehr, sehr langsam. Dazu oft unfreundlich oder mit einer Haltung, die ich auch von Kaufhof und Karstadt kenne/kannte: „Mir kann keiner was, ich arbeite wie ich will. Mache ich schon so seit ich vor 40 Jahren bei allkauf gelernt habe“. Die Schlagzahlen, die Kaufland und Co fordern würden, könnten sie gar nicht schaffen bzw. sie werden ohne das auszutesten direkt entlassen. Meiner Meinung nach hat sich die gesamte Wurschtigkeit in den real-Märkten auch auf das Personal übertragen. So oder so werden sie nie wieder den hohen Lohn kriegen, den real viel zu lange gezahlt hat. Hoch ist relativ aber so war real nicht wettbewerbsfähig.

    • Real hat nach Tarif bezahlt. Das war dem Unternehmen zu teuer. (Im Vergleich zu den Massen an privaten Einzelhändlern, die nicht nach Tarif entlohnen und wo mal als Vollzeitkraft mit 40 Wochenstunden auch gerne mal nur 1900 Brutto verdient. Ohne Anspruch auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Oder Zuschläge, zum Beispiel für Sonntagsarbeit. Und mit weniger Urlaub pro Jahr.)

  • Überschaubare Marktlücken und Großflächen sind halt nur beschränkt kompatibel. Wenn man die vollkriegen will, muss man zumindest auch den Mainstream ansprechen. Und »voll« bedeutet heute eh bloß noch einen Bruchteil von dem, was da vor 40 Jahren drin war.

  • Letztendlich ist es der Typ Mehdorn – Management als synonym für Managementversagen. Das veraltete System METRO. Schon seit den 90er Jahre eher der Eliteclub für Ärzte, Mittelständler oder Familienbetrieb, die ihr Wochenendeinkauf im Firmenwagen absolvieren. Der Ladenbau noch aus der 70er oder 80 er Jahre. Warum auch investieren? Und schließlich sind die tollen (Netto -) Preise bei der Metro so günstig.. – Der typische Gastronom kauft längst online bei Selgros-Transgormet oder Edeka C+C ein und lässt sich beliefern. Deren Angebot ist längst minimiert. Oder geht selber bei Lidl und Co einkaufen. Der Einkauf von Büroartikel für Unternehmen erfolgt längst bei günstigen Anbietern, die gelernt haben, dass ein günstiger (Netto-) Preis mit nur 3cent unterschied zum regulären Ladenpreis bei Rewe und Edeka, kein überzeugendes verkaufsargument ist. Sondern durch Qualität, trotz Großhandel.

  • allkauf und massa gehören zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen: Halbe Samstage in einem Laden, wo es wirklich alles gab, von Lebensmitteln über Fahrräder bis hin zu Modellbausätzen…
    Die „überdurchschnittlich hohe Experimentierbereitschaft“ habe ich dann aber spätestens ab der Jahrtausendwende eher negativ wahrgenommen: Die Duldung einer ganzen Spatzenkolonie in der Dachkonstruktion unseres Marktes auf der grünen Wiese – samt Vogelkot auf der Ware – fand ich ebenso fragwürdig, wie das Angebot der völlig überdimensionierten Fischtheke mitten in der schwäbischen Provinz, verbunden mit den Versicherungen des „Fach“-Personals, dass geöffnete Miesmuscheln sicher noch genießbar seien. Und nach dem Skandal um umettikettiertes Flesich habe ich den Laden dann gar nicht mehr betreten.

  • Im Grunde hab ich real,- gemocht. Auch wenn es im Vergleich zu anderen Händlern die reinste Apotheke ist (Ausnahme: Eigenemarken und Angebote). Man hat halt alles bekommen was man brauchte.
    Wenn ich aber die Buden sehe, das sind die reinsten Schrott-Immobilien. Den Laden in 37077 kannst eigentlich nur sprengen und neu aufbauen. DA wurde seit Bau in den 70ern nichts gemacht, außer ewas Farbe außen dran.

    Bei dem Laden herrscht ein Investitionsstau in MIlliardenhöhe, kein Wunder das niemand den Bumms haben wollte. Die paar Filet-Stücke, die es da gibt, wird man behalten und den Rest wird man für Peanuts an Kaufland und Edeka abgeben. Wobei ich eher auf Kaufland tippe, Edeka hat, so meine Erkenntnis, viel zu wenig Warenhauserfashrung bzw. generell mit Märkten in der Größe.

    • Edeka kann sich vor allem nicht entscheiden, welche Marke im Konzern für Großflächen genutzt werden soll. Mal ist es Marktkauf, mal Edeka Center, nur Edeka, sogar Ratio gibt es in NRW noch, mit Marktkauf-Edeka-Gemisch drin. Marktkauf vor der Aushöhlung durch Edeka war real am ähnlichsten.

    • In Sachsen scheint es so zu sein, dass „Marktkauf“ nur noch eine Marke für „Altstandorte“ ist. „Neue“ Marktkauf-Standorte kenne ich nicht, da scheint man eher die Marke „Edeka Center“ zu nehmen. Wundert mich ein bisschen, dass man seine Supermärkte trotz Umbaus nicht auf „Edeka“ vereinheitlicht.

    • Soweit ich das durchschaue, sind die „E center“ von der jeweiligen Regionalgesellschaft geführt, sie „gehören“ Edeka also. Die „Edeka“-Läden tragen hingegen in aller Regel einen zusätzlichen Namen, diese sind inhabergeführt und so etwas wie Franchise-Filialen. Der bundesweit bekannteste dürfte „E Harste“ in Bremen sein. Diese Läden können inzwischen Größen annehmen, die einem „E center“ entsprechen, so bspw. „Edeka Sommer“ in Eppingen oder die Scheck-In-Center („Edeka Scheck“) in Karlsruhe und Umland.

    • Hier in der Ecke gibt es zwei mal Marktkauf. Einer wurde vor 3-4 Jahren renoviert und ist jetzt in diesem schönen dunklen Gewand. Warum da allerdings Marktkauf dran steht, lässt sich mir nicht erschließen. DasDing könnte auch Edeka heißen, groß ist er nicht. Hat nur nen extra Bungalow für Getränke.
      Der andere erinnert an real, ist riesig, alt und ranzig (weiß/grün aus den 80ern) und hat alles, was es bei real gibt.
      Ich persönlich würde den Wettschein weiterhin überwiegend auf die SChwarz Gruppe setzen. Gerade der Bunker in 37077, drei Etagen, völlig quer aufeinander (Historisch bedingt, das war früher mal ein riesen Kaufhaus überer mehrere Komplexe mit wirklich allem von Hefe bis Sofagarnitur, hieß Bono. Dann erst abgespaltet Primus und dann eben real).
      Das Ding hat aber, bis auf etwas Farbe außen, seit Jahrzehnten kein Werkzeug gesehen und ist völlig verranzt und verkommen. Bis vor ca. 1,5 Jahren waren die Parkplätze sogar noch so schmal, da hat gerade ein VW Käfer drauf gepasst. Mit nem modernen Golf standest du schon auf drei Parkplätzen, wenn du mittig geparkt hast.

      Das Ding kannst du eigentlich nur sprengen und neu bauen.
      Wobei ich das von dem Kaufland in 37079 früher auch dachte, als die das ding von allkauf und kurzzeitig real übernahmen vor locker 15 Jahren.

  • Wäre halt super, wenn ein neuer Edeka-oder-wer-auch-immer-Betreiber mal zum Personal sagen würde „und jetzt gibt es 20% mehr“ oder wenigstens, was die vor den ganzen Kürzungsrunden verdienten. Träum…
    Wobei, ich werde nie die Käseverkäuferin im real Neuss vergessen (ist Jahre her!), die die bereits etikettierten großen Käsestücke wieder auspackte, teilte (weil sich kleinere Stücke besser verkauften), und nur eine Hälfte neu verpackte und auswog, die andere Hälfte wurde sorgfältig mit der „alten“ Folie wieder verpackt und behielt so ihr altes, jetzt viel zu teures Preisetikett. Da stand ich wirklich wie ein Ölgötze davor (die Dame blieb „beratungs-resistent“), bis ich dann mit einem Stück zur Information bin (wo die Änderung des Gesichtsfarbe des Marktleiters dann doch bemerkenswert war…)

  • Zu dem letzten Bild im Artikel muss ich noch fragen: Wo findet man solche historischen Schätzchen? Bei Kaufland sicher nicht. Real und sein ganzes Elend in einem Bild.

    • Naja, war halt kurz vor der Schließung eines Markts, in den schon lange nicht mehr investiert wurde. Steht hier auch eher zu dokumentarischen Zwecken als Beleg der kritisierten Problematik. (Berlin Gesundbrunnen, 2017)

  • Also bei uns in 40880 hat der Real deswegen einen Unique Selling Point, weil er bis 22 Uhr auf hat – und damit der einzige Laden ist, bei dem man um halb zehn abends noch alle notwendigen Einkäufe von Food und Non-Food bis Getränke auf einen Schlag erledigen kann. Dieses Angebot scheint auch noch von genügend Personen genutzt zu werden. Allerdings merkt man den Investitionsstau, auch wenn vor kurzem noch einen Sushi-Theke eingebaut wurde (das scheint ja der neue „heiße Sch..“ im Lebensmittelhandel zu sein). Für Frischware sollte man aber andere Läden aufsuchen (z.B. einen in der Nähe befindlichen preisgekrönten Edeka, der aber kürzere Öffnungszeiten hat und einen räumlich getrennten Getränkemarkt…). Jetzt heißt es abwarten, welcher Markt von wem übernommen und welcher geschlossen wird…

  • Hier in Berlin wurden die Öffnungszeiten jedenfalls im Wedding von 0 Uhr auf 22 Uhr verkürzt, es gibt keine Angebotsware mehr, sondern nur noch Werbeschilder für Real Pro. Der Laden war schon immer etwas leer, jetzt ist aber gar nichts mehr los. Fühlt sich schon fast geschlossen an.

    • Der Mietvertrag endet zum 31.12.20 und das Schillerpark-Center soll teils zu Büroflächen umgebaut werden, ein kleiner Supermarkt soll aber bleiben. Wurde bereits im Nov. 2019 verkündet

    • Vielen Dank für den Link! Um Berlin herum sieht es ziemlich duster aus, Kaufland will nur Neukölln und Frankfurter Allee (samt Brandenburg a.d.H., Falkensee), Edeka reicht Potsdam (samt Schwedt und Neuruppin). Sicher geschlossen werden Spandau, Wedding, A10 Center (KWH). Und wenn wir ehrlich sind, runtergerammelt Teltow, Zittau und Rangsdorf haben auch keine Chance mehr im Berliner Speckgürtel. Bleibt nur noch etwas Hoffnung für Treptow und Hellersdorf, möglicherweise mit 2 Jahren Schonfrist (sofern denn ECE bzw. KOPRIAN bereit sind, >10 Mio. € in ihre Schrottimmobilien zu investieren).

  • Das Kartellamt hat ganze Arbeit geleistet. Der Einkauf wird in Zukunft nicht umweltfreundlicher, da ich weiter fahren muss um die Auswahl und Qualität weiterhin zu erhalten. Das wars dann real, nach über 20 Jahren Treue. Nur Kaufland wird meinen Umsatz am Standort nicht generieren. Da fahr ich lieber zum tegut.

Blog-Unterstützer:innen können sich über Steady einloggen, um Support-Hinweise und Werbung im Text auszublenden:

Archiv